Schriftstellerin Sabrina Janesch erhält den Mara-Cassens-Preis für das beste Debüt des Jahres, ihren Roman “Katzenberge“.

Hamburg. Es war ein gutes Jahr für die 25-jährige Schriftstellerin Sabrina Janesch: Im Frühjahr las sie Auszüge aus ihrem Debüt "Katzenberge" beim Bachmannpreis, im Dezember dann wurde ihr vom Literaturhaus Hamburg der mit 10 000 Euro dotierte Mara-Cassens-Preis zuerkannt. Heute ist die Preisverleihung am Schwanenwik.

Und man darf sagen: An der Entscheidung der Leserjury (sie entscheidet über den Gewinner der bundesweit höchstdotierten Auszeichnung für Debütanten!) ist in der Tat nichts Schlechtes zu finden.

Die in Gifhorn geborene Deutsch-Polin erzählt in ihrem Roman eine Geschichte der Entwurzelung, die im Falle ihrer Figuren die alles entscheidende ist: Sie verändert Lebensläufe und sie kann nie überwunden werden. Die junge, in Berlin lebende Journalistin Nele Leibert unternimmt einen Trip in die Vergangenheit, es ist nicht ihre, eigentlich. Sondern die ihrer Ahnen, die im Vielvölkerland Galizien heimisch waren und nach dem Krieg nach Schlesien umsiedeln mussten. Schlesien gehörte nicht mehr zu Deutschland, sondern zu Polen; und Galizien war jetzt russisch. Heute reden Kulturpessimisten vom Umzugszwang auf dem Flexibilität einfordernden Arbeitsmarkt, einst waren die Verluste allerdings größer.

Aber weil man vielleicht erst weiß, wer man ist, wenn man weiß, wo man herkommt, geht die Geschichte des Großvaters, mit dessen Beerdigung der Roman einsetzt, die Protagonistin eben doch etwas an. Sie reist nach Galizien, wo der Ackerboden nicht so feinkörnig ist wie in Schlesien, sondern grob und feucht. Alle kleinen Geschichten, die persönlichen, hängen mit der großen zusammen, sagt die couragierte Hauptfigur, sie weiß ja, dass sie einem dunklen Geheimnis auf der Spur ist.

Als der Großvater nach Schlesien kam, fand er den deutschen Besitzer des Hofes, den er übernimmt: Er hatte sich erhängt. Entsprechend düster und bedrohlich wirkt vieles in der östlichen Herkunftswelt, die vom aufgeregten Alltagsleben in Berlin kontrastiert wird. Dieses sieht fad aus (besonders unter Berücksichtigung des etwas klischeehaft geratenen Freundes) im Vergleich zur tiefen, sinnlichen und rauschhaften Wirklichkeit, wie sie sich für die junge Nele darstellt.

Sie erzählt ihre und die Geschichte des Großvaters: ein Kunststück, wie sie es dabei vermag, stilistisch sicher zwischen den Zeiten, die beinah wie Zeitalter erscheinen, zu springen. Am Ende weiß Nele, warum ihr der geliebte Großvater immer etwas aus der Welt gefallen schien: Er war es wirklich. Heimat bleibt Heimat.

Sabrina Janesch: Katzenberge , Aufbau Verlag, 273 Seiten, 19,95 Euro