Dem französischen Regisseur Joann Sfar gelingt mit der Filmbiografie “Gainsbourg“ ein sehr sehenswertes Regiedebüt, das das Filmfest eröffnet.

Die einen denken an den größten Womanizer vor dem Herrn: Brigitte Bardot, Juliette Gréco, Jane Birkin, um nur seine bekanntesten Eroberungen zu nennen. Anderen steht sofort der Provokateur vor Augen, der es tatsächlich wagte, die Marseillaise mit einer Reggaeversion zu verunglimpfen. Und wohl die meisten können das Gänsehautchanson "Je t'aime moi non plus" mitsummen. Den 1991 verstorbenen Serge Gainsbourg auf der Leinwand wiederauferstehen zu lassen war also längst überfällig - und es ist ein Glück, dass das Projekt in den Händen des Regiedebütanten Joann Sfar landete, der heute nach Hamburg kommt.

Sfar zeigt Gainsbourg als einen Mann, den sein Jüdischsein von Kindesbeinen an zum Außenseiter stempelt. Und der früh gelernt hat: Angriff ist die beste Verteidigung. Ein Jetzt-erst-recht-Typ, auf verlotterte Weise gut aussehend, aber innerlich zerrissen.

Um sein gespaltenes Ich zu versinnbildlichen, stellt Sfar ihm ein Alter Ego zur Seite, einen schnabeltierartigen Geist, der sich immer dann zu Wort meldet, wenn der Künstler wieder mal mit einem Bein am Abgrund steht.

Eric Elmosnino darf man als Idealbesetzung für das französische Enfant terrible bezeichnen. Wenn er mit klebrigen Augen und Siebentagebart in der Pianobar sitzt, die obligatorische Zigarette im Mundwinkel, meint man, seine Fahne vom Vorabend förmlich riechen zu können. Ludy Gordon als rotwangige Jane Birkin mit Fohlenbeinen und Laetitia Casta als Brigitte Bardot ("Mon amour, setz dich ans Klavier und schreib mir ein Liebeschanson!") sind nicht weniger sehenswert.

Frauen als Musen, das war für Gainsbourg stets eine überschaubare Sache, ein Tauschhandel: ein Kuss für mich, ein Lied für dich. Frauen als Partner, diese Konstellation gelang ihm weitaus schlechter, um nicht zu sagen: große Katastrophe. "Mich interessieren seine Lügen mehr als seine Wahrheiten", hat Regisseur Sfar über seinen Protagonisten gesagt. Was Serge Gainsbourg sein Leben lang sein wollte und nicht konnte, was er vorgab zu sein und tatsächlich war - selten wurde dieser Aspekt so mitreißend erzählt wie hier.