Herzchirurg und Marathonläufer: Ken Duken spielt einen sportlichen Halbgott in Weiß im gefühligen ZDF-Film “Das Wunder von Kärnten“.

"Wir müssen es schaffen." Herzchirurg und Marathonläufer Markus Höchstmann will nicht aufgeben. Er ist selbst Vater eines kleinen Sohnes, er muss die vierjährige Kathi retten. Der stahlharte Blick des Arztes, der von Ken Duken gespielt wird, schießt über den Mundschutz und trifft das Notfall-Team: So sieht Entschlossenheit aus. Das Bauerntöchterchen ist an diesem strahlenden Maisonntag in einen Teich gefallen und lag eine halbe Stunde unter Wasser. Herzstillstand und Unterkühlung. Es herrscht Hochspannung im Operationssaal des Landeskrankenhauses Klagenfurt. Kinderarzt Thomas Wenninger (Juergen Maurer) warnt Höchstmann vor sinnlosen Aktionen aus Sicht des abgebrühten Fachmanns. Aber Höchstmann setzt sich durch.

"Das Wunder von Kärnten", der Titel des einem wahren Fall folgenden Dramas, signalisiert bereits den glücklichen und rührseligen Ausgang des Unfalls für die geschockten Eltern (Gerti Drassl/Gerhard Liebmann) und ihr herziges Kind (Sara Wogatai). Doch zuvor zeigt Andreas Prochaska im "Fernsehfilm der Woche" ausführlich das zuweilen buchstäbliche Wettrennen um Leben und Tod. Durch die Schläuche der altmodischen Herz-Lungen-Maschine rinnt das Blut. "Wir verlieren sie!", ruft die Anästhesistin (Julia Koschitz), als Schaum aus dem Mund des Mädchens quillt, "sie erstickt uns."

Eine Krise jagt die nächste. "Um Gottes willen, die Säge weg, bei so kleinen Kindern nimmt man eine Schere", korrigiert der erfahrene Rivale den unerfahrenen Kardiologen. Der Regisseur erspart dem Zuschauer auch nicht den Eingriff am offenen Herzen. Er sollte also Blut sehen können und nicht allzu schwache Nerven besitzen, sonst könnte er bereits vom reißerischen, im Pulsschlag pochenden Soundtrack (die Musik stammt von Matthias Weber) Herzflattern bekommen.

Andreas Prochaska will sich durch akribischen Realismus im Klinik-Ambiente von den Klischees der Ärzte-Filme und Fernsehserien absetzen - und entgeht ihnen dann doch nicht. Ken Duken entspricht natürlich dem geläufigen Schema vom "Halbgott in Weiß": männlich, gut aussehend und erfolgreich.

Immerhin steht ihm eine loyale und selbstbewusste Ärztin zur Seite. Nach dem Willen der Drehbuchautoren Christoph Silber und Thorsten Wettcke hatte sie natürlich ein "Pantscherl" mit Wenninger, wie man in Österreich zu sagen pflegt. Einen Österreicher versucht Duken erst gar nicht zu imitieren, das Lokalkolorit überlässt er den einheimischen Kollegen. Schauspielerisch kommt er so richtig nur in kurzen Szenen mit dem Gegner zum Zug.

Häufig hantiert er garantiert keimfrei und verhüllt am Operationstisch, er ist dabei sachkundig und überzeugend. Auch den Leistungssportler nimmt man ihm sofort ab. Gefühle und Nerven zeigt der coole Kerl erst nach der Stressnacht beim Duschen und am Schluss zu Hause in Wien. Dort lebt die Familie, während er doch in Klagenfurt seinem Broterwerb nachgeht.

Bei einem Film, der hauptsächlich im Urlaubsparadies Kärnten spielt, darf selbstverständlich die Luftaufnahme des spiegelblanken Wörthersees unter blauem Himmel nicht fehlen - dramaturgisch geschickt eingebaut durch den Flug des Rettungshubschraubers.

So gelingt diesem ambitionierten Film doch noch mühelos der Spagat zwischen Skalpell-Artistik, Heimatschnulze und Rührstück nach den Vorbildern "Sauerbruch", der Lebensverfilmung des legendären Messerheldens der Charité, und "Schwarzwaldklinik". Passenderweise gibt "Das Wunder von Kärnten" eine Lebensweisheit von Olympiasieger Emil Zátopek mit auf den Weg. Ken Duken zitiert ihn zu Beginn des Films: "Wenn du laufen willst, lauf eine Meile. Wenn du ein neues Leben kennenlernen willst, lauf Marathon." Klar: Wäre Herzchirurg Höchstmann nicht Langstreckensprinter, hätte ihm der Atem für seine Rettungsaktion gegen alle Wahrscheinlichkeit und die Widerstände im Team gefehlt.