Zum Beginn der Social Media Week wurde über Facebook und erfolgreiches Marketing im Internet diskutiert. Und über eine spielerische Utopie.

Hamburg. "Done is better than perfect." "Go faster." Das helle, freundliche Deutschland-Büro von Facebook am Großen Burstah hängt voll von solchen Motivationssprüchen. "Fertig ist besser als perfekt", "Mach schneller", die Aussage ist klar; hier wird gearbeitet, und zwar unter Hochdruck.

F. Scott Woods, der Commercial Director von Facebook Deutschland, hinterlässt trotzdem einen entspannten Eindruck. Er begrüßt die Gäste, die sich im Rahmen der Social Media Week anmelden konnten, freundlich, bietet allen Kaffee, Brötchen und das "Du" an. Seine Mitarbeiter schauen neugierig in die Runde. Wie kommt das Unternehmen, das mit nur 3000 Mitarbeitern weltweit 845 Millionen Nutzer betreut, bei seinen Besuchern an?

Erstaunlich gut. Unter denjenigen, die einen Platz bei der ersten und binnen kürzester Zeit ausgebuchten Veranstaltung der Social Media Week ergattert haben, ist kein beinharter Kritiker. Woods beantwortet die vielen neugierigen Fachfragen stets charmant, aber natürlich ohne irgendwelche Geheimnisse zu verraten. Was die Zielvorstellung von Facebook sei, möchte jemand wissen, wer gehöre noch zum potenziellen Wachstumsmarkt? "Jeder", sagt der gebürtige Amerikaner und grinst. Und auch, wenn er einschränkt, das sei nicht ganz so ernst gemeint: Nicht nur bei Facebook dreht sich vieles um Facebook.

"Ich glaube nicht, dass es irgendwann ein neues Facebook geben wird, ich glaube, Facebook wird zum sozialen Betriebssystem." Markus Beele von Warner Music und vier weitere Marketing-Experten diskutieren am Nachmittag in der Warner Music Lounge über ihre Erfahrung mit sozialen Medien im Bereich Künstler- und Markenpräsentation. Einigkeit herrscht bei dem gut besuchten Gespräch darüber, dass soziale Medien und gerade Facebook nicht mehr aus der Branche wegzudenken sind. Am Ende des Erfahrungsaustauschs stellt einer der Besucher eine Frage, die gerade unbekannte Bands interessieren dürfte: "Was passiert eigentlich, wenn ein Künstler bemerkt, welche Macht Social Media darstellt, und das Label übergeht?" Die Runde ist auch in diesem Punkt einer Meinung: Zumindest in Deutschland sei das aussichtslos. Ohne die Ressourcen eines Labels im Hintergrund hätten Musiker hierzulande keine Chance. Die Antwort kommt nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass die Vermarktung von Künstlern in Eigenregie nicht im Interesse von Plattenlabeln ist.

Um das Selbstmarketing geht es auch am Abend im Knust. Der Titel der Veranstaltung: "Direct To Fan - Erlösung oder Fluch für Künstler?". Doch trotz der kontrovers klingenden Ankündigung hakt die Diskussion zwischen dem Hip-Hopper Flo Bauer alias Bo Flower, Caoimhe McAllister vom Label City Slang und Julia Korff, die Handtaschen-Schnittmuster online vertreibt. Denn alle sind einer Meinung: Soziale Medien sind wichtig. Welchen Effekt sie aber genau haben können, weiß noch niemand so genau. "Es gibt einfach keine Experten mehr", fasst McAllister die Problematik zusammen. Also probiert man herum und versucht möglichst viele Menschen zu erreichen.

Walter Hollender und Stefan Stengel machen in ihrem Vortrag an der Uni deutlich, dass es für die Menschen viel besser wäre, soziale Medien nicht als Marktplatz für Produkte und möglichst exakte Selbstdarstellungen, sondern als Spielwiese zu begreifen. Ihre Utopie: Wer spielerischer mit Netzwerken umgeht, der hat mehr vom digitalen Ich. Denn im Prinzip sei im Netz alles möglich: Fliegen, jemand anderer werden, seine Träume und Wünsche ausleben.

Beim Platzhirsch im Bereich der sozialen Medien jedoch heißt es stattdessen: "Stay focused, keep shipping." "Bleib konzentriert, liefer weiter ab." Für die Angestellten von Facebook sind soziale Medien kein Spiel.

Livestreams, Videos und Anmeldungen: www.socialmediaweek.org/hamburg

Viele Veranstaltungen der Social Media Week werden in einem Live-Stream per Internet übertragen

http://new.livestream.com/smwhamburg .

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