Rastplatz im Krachgarten - Gisbert zu Knyphausen bietet im ausverkauften Knust, was man derzeit am dringendsten braucht: Nähe.

Hamburg. "Das Leben lebt, es ist ein wunderschöner Sommertag. Ein Sommertag, ein Sommertag, ein Sommertag." Was singt der Gisbert zu Knyphausen denn da? Draußen vor dem Knust-Saal hängen teppichdicke Jacken an Haken in der Eiseskälte wie Schweinehälften, drinnen bittet der Graf ... Pardon, der Freiherr mit Band zum Tanz: "Manchmal glaube ich, dass ich zu langsam bin für all die Dinge, die um mich herum geschehen."

Ja, so ist es. Das an zwei Abenden ausverkaufte Knust ist eigentlich schon zu klein für den Ersten unter Gleichen von Hamburgs Songschreibern. Aber jeder größere Klub würde auch das Gefühl der Nähe - und am Sonntag auch das Gefühl der Wärme - vermissen lassen. Man braucht die Nähe, um seine Zeit zu verschwenden, um gemeinsam "So seltsam durch die Nacht" zu reisen.

Auch wenn Gisbert von einer Band, die bei "Neues Jahr" lang und rockend jamt, begleitet wird, gleichen seine Konzerte einem Rastplatz im Krachgarten. Selbst wenn es lauter wird, strahlt das Ensemble enorme Ruhe aus.

+++ Von der großen Wucht, die im Leisen liegt +++

+++ Ein sympathischer Melancholiker, der von sich und allen singt +++

Die Kraftquelle Band, von Country und Rock 'n' Roll bis Strokes-Retropop zuverlässig groovend, bindet den Sänger zuverlässig ein. Wer weiß, wo er sonst mit seinen kleinen Tanzschritten hingehen würde. Vor die Tür zu den Rauchern? "Und wir rauchen immer viel zu viel. Doch wir sehen gut dabei aus. Ja, wir tun das mit Stil." In den Fotoautomaten an der Feldstraße? "Wenn das Licht uns fängt und der Tag uns bloß müde verlacht." Knyphausen sieht gut aus beim Singen. Mit Stil, laut und leise. Das Gegensätzliche in Musik und Text, das schon in Songtiteln wie "Hurra! Hurra! So nicht!" steckt, ist anziehend wahrhaftig.

"Was hast du der Menschheit jemals Gutes gebracht? Außer Musik und Kunst und billigen Gedichten?", fragt er die "Melancholie". Dabei sind es Musik, Kunst und alles andere als billige Gedichte, die das "Grau, Grau, Grau" vor der Knust-Tür auf dem Heimweg viel bunter erscheinen lassen.

Denn auch wer in seine an der Garderobe ausgekühlte Schweineh... Jacke steigt, weiß nach einem Konzert von Gisbert zu Knyphausen: Das Leben lebt, es ist ein wunderschöner Sommertag. Ein Sommertag, ein Sommertag, ein Sommertag.