Das Dschungelcamp bläst am Sonnabend zum Finale. Egal, wer gewinnt, die Sieger sind immer die Conférenciers, Sonja Zietlow und Dirk Bach.

Heute Nacht wird der Dschungel einen neuen Regenten haben, und die "beste Sendung im deutschen Primatfernsehen" (Dirk Bach) wird, wie die meisten annehmen, mit der Krönung von Brigitte Nielsen enden. Wie immer hat "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" sehr gute Quoten eingefahren, und RTL hat ziemlich viel Geld verdient. Und wie immer wird es in einigen Wochen völlig egal sein, wer in diesem Jahr Dschungelkönig geworden ist.

Das Dschungelcamp ist eine Unterhaltungsmaschine, die Staffel für Staffel hervorragend funktioniert - weil sie stets aus denselben Teilen zusammengebaut wird. Zentral für ihren Erfolg ist, dass "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" zwar nur zwei hoch konzentrierte Wochen läuft, der Boulevard - und allen voran die "Bild"-Zeitung - jedoch bereits Monate zuvor mit der Vorstellung der Kandidaten das Feuer schürt. Wenn die Sendung schließlich läuft, wird munter skandalisiert, dramatisiert und so getan, als würde sich ein großer Teil der deutschen Bevölkerung noch bei der sechsten Staffel über die Sendung aufregen. Die Aufmerksamkeit der Leser wird Tag für Tag auf das Dschungelcamp gelenkt, und die geschickte Polarisierung trägt ihren Teil zur Zuschauerquote bei.

Die Kandidaten bekommen also das, was sie sich wünschen - und weswegen sie, abgesehen von monetären Interessen, ins Dschungelcamp gegangen sind: sehr viel Aufmerksamkeit. Die hatten sie allemal, weswegen RTL sie "Stars" nennen kann, sie haben sie aber nun nicht mehr, weswegen sie in den Busch gehen, um sich in Erinnerung zu rufen. Um "Star" zu sein, reicht es aus, irgendwann mal bei einer Castingshow dabei gewesen zu sein oder einen Kinderfilm gedreht zu haben.

Die seit Jahren gültigen Regeln für die Besetzung des Camps: Die meisten Kandidaten muss niemand kennen, Hauptsache, sie sind an irgendwas gescheitert. Von einigen kennt man noch den Namen (Ramona Leiß, Eva Jacob, Harry Wijnvoord). Und zwei müssen eigentlich zu bekannt sein: Aílton und Brigitte Nielsen. Rainer Langhans und Mathieu Carrière. Ingrid van Bergen und Günther Kaufmann. Die Kandidaten sind also austauschbar. Dass das Publikum dennoch mit ihnen fiebert - und für sie anruft -, dafür wiederum sorgen der Boulevard und die Geschichten, die RTL durch den geschickten Zusammenschnitt des Tages erzählt.

Dabei läuft das Leben im Camp Jahr für Jahr gleich ab. Es gibt Streit, es gibt ein Pärchen, manche Kandidaten plagen Zipperlein, es gibt zu wenige Zigaretten, es regnet im Regenwald. Allerhand Ekliges wird gegessen, allerhand Vielfüßiges krabbelt auf den Stars herum, manchmal gibt es Kaffee oder einen Schokokeks, über den sich alle sehr freuen (und der Werbepartner am allermeisten). Neu in diesem Jahr war: viel nackte Haut (von Micaela), kuriose Ausdrucksweisen (von Brigitte Nielsen und Aílton) und der Magier Vincent Raven, für den der Dschungel schnell jeden Zauber verloren hatte - "Die rauben mir die Seele mit ihren Scheiß-Kameras!", "Wir sind keine Stars!" - und der tagelang darum bettelte, dass niemand mehr für ihn anrufen sollte. Das Dschungelcamp ist so stabil gebaut, dass es so etwas aushält.

Und das liegt am wichtigsten Teil der Maschine: den Conférenciers Sonja Zietlow und Dirk Bach. Sie sind die Seele der Sendung. Sie ironisieren, sie persiflieren, sie bewerten und necken. Sie sind Narren, die alles dürfen. Die Kandidaten sind das Material für eine Geschichte, die Zietlow und Bach erzählen. Denn was vor dem Fernseher gedacht wird, geben sie im Baumhaus vor. Und sie spielen mit ihren Figuren, weswegen sie die Stars verdinglichen wie "das Aílton" oder vertierlichen wie das "Vierfingerfaultier" Martin Kesici.

Lagerarzt Dr. Bob wundert sich wohl Jahr für Jahr über die beiden, denn kein Moderatorenteam der "I'm A Celebrity ... Get Me Out Of Here!"-Marke ist auch nur annähernd so schräg wie die Deutschen. Sollten Bach und Zietlow aufhören, wäre die Nachfolge schwerer als bei "Wetten, dass ..?" Denn sie machen das Format erst zugänglich für breite Zuschauerschichten. Ohne sie würde die ganze Maschine nicht laufen. In diesem Sinne: "Willkommen im Gorleben der deutschen Fernsehlandschaft!" - leider nur noch einmal.

"Ich bin ein Star ..." Sa 22.15 Uhr RTL