Schleichwerbung heißt jetzt Branded Entertainment und ist völlig legal. Der Markt für Produktplatzierungen wächst langsam aber gewaltig.

Berlin. Es hat sich etwas verändert in der aktuellen Staffel der ProSieben-Serie "Stromberg". Neuerdings ballern die Angestellten der Abteilung Schadensregulierung in der Capitol Versicherung wie blöd mit knallbunten Spielzeug-Knarren aus Plastik in ihrem Großraumbüro herum. Und sie verdrücken in rauen Mengen Milchreis einer ganz bestimmten Firma aus dem Allgäu. Beides haben sie früher nie getan.

Nun ist es nicht so, dass die Autoren der Serie ihren Protagonisten mal eben aus einer Laune heraus infantile Spielchen und veränderte Ernährungsgewohnheiten verordnet hätten. Für das Rumgeballer und den Milchreiskonsum gibt es einen ganz konkreten Grund, den Markus Großweischede, Marketing Director der Spielzeugfirma Hasbro aus dem hessischen Dreieich, nur zu gut kennt. Sein Unternehmen hat die bunten Waffen entwickelt, die derzeit bei "Stromberg" zum Einsatz kommen. Und er selbst steht gerade auf dem Podium des großen Konferenzraums der Berliner Repräsentanz des Medienkonzerns Bertelsmann, um einer illustren Runde aus TV-Produzenten, Fernsehvermarktern, Werbetreibenden und Werbern zu erklären, wie der Kinderkram in die Serie kam.

Für die Markteinführung des "Nerf" genannten Spielzeugkriegsgeräts hatte Hasbro nur einen begrenzten Etat zur Verfügung. Teure TV-Werbespots kamen nicht infrage. Doch die Media-Agentur der Firma hatte eine Idee: Sie brachte die Spielzeugfabrikanten mit Brainpool, der Produktionsgesellschaft von "Stromberg", zusammen. Und so kamen die Knarren - auf demselben Weg wie übrigens auch der Milchreis - doch noch ins Fernsehen.

+++ Der Zuschauer hat das letzte Wort +++

Bis vor Kurzem wäre dies verbotene Schleichwerbung gewesen. Doch seit April 2010 sind bezahlte Produktplatzierungen in TV-Sendungen unter Auflagen erlaubt. Bisher machen Sender und Produktionsfirmen von den nun vorhandenen Möglichkeiten aber wenig Gebrauch. Außer bei "Stromberg" fielen Markenartikel zuletzt in der aktuellen Staffel von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" auf. Dort wurden die ausgehungerten Kandidaten im australischen Dschungel nach einer erfolgreichen Schatzsuche mit einer Packung Kekse der Marke "Pick Up" aus dem Hause Bahlsen belohnt.

Die Veranstaltung in der Bertelsmann Repräsentanz will über die Möglichkeiten von "Branded Entertainment" informieren, wie das Phänomen in Branchenkreisen genannt wird. Veranstalter ist die Produktionsfirma Ufa, die eine Abteilung unterhält, die ausschließlich über Formate nachdenkt, die sich rund um Markenartikel entwickeln lassen. Sie hat Kollegen aus den USA einfliegen lassen, die dem Auditorium erzählen, dass Branded Entertainment bei ihnen bereits ein Riesentrend sei. Allein in der letzten Staffel von "American Idol" dem US-Gegenstück von "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) habe es 577 Produktplatzierungen gegeben. Weltweit würden mit Branded Entertainment 26 Milliarden Dollar umgesetzt, davon drei Milliarden in Deutschland - Tendenz steigend.

Die deutschen Sender der RTL Group planen für 2012 15 Platzierungen. So wird Dieter Bohlen einen Song für den Automobilhersteller Opel komponieren, den die besten zehn Kandidaten von "DSDS" zum Vortrag bringen sollen. Aber nicht jeden Auftrag nimmt RTL an. Die Firma Wilkinson, die ihre Rasierer im Dschungelcamp platzieren wollte, wurde abschlägig beschieden. "Wir konnten weder ausschließen, dass sich die Kandidaten an den Geräten verletzen, noch dass Micaela Schäfer sie an Stellen verwendet hätte, für die sie nicht vorgesehen sind", sagt Lars-Eric Mann vom RTL-Vermarkter IP.