Bald ein Privattheater weniger: “Der Moment ist günstig“. Nach 22 Jahren schließt Gunnar Dreßler Ende Februar seine Privatbühne in Ottensen.

Hamburg. Die Hansestadt hat bald ein Privattheater weniger. Ende Februar fällt nach über 22 Jahren der letzte Vorhang im Theater in der Basilika in der Borselstraße 14-16 in Altona. Betreiber Gunnar Dreßler, 56, hat nach eigener Aussage "Lust, etwas Neues zu machen". Der Abgang kommt nicht völlig aus dem Nichts. Der Theaterleiter führte bereits seit zwölf Jahren das zuletzt mit 175 000 Euro jährlich von der Kulturbehörde geförderte Haus auf dem Gelände einer ehemaligen Maschinenfabrik von Berlin aus. Seit Langem konzentriert er sich darauf, Theaterstücke, Filmadaptionen und Drehbücher zu entwickeln und über seinen Theaterverlag Dreamland Media GmbH bundesweit zu vermarkten.

Bühnenfassungen von Film- und Romanstoffen sind derzeit sehr beliebt. Und auch an seinem eigenen Haus hat sich Dreßler, der sein Theater am 14. Oktober 1989 mit Christopher Durangs "Trotz aller Therapie" eröffnet hatte, immer weiter von modernen Komödien und Versuchen mit unkonventionellen Klassiker-Inszenierungen entfernt. Zuletzt setzte sich der Spielplan neben Dauersellern wie "Ladies Night" und "Best of Loriot" überwiegend aus Adaptionen mehr oder weniger unterhaltsamer Beziehungsromane und -komödien wie "Keinohrhasen", "Macho Man" oder "Mondscheintarif" zusammen. Dreßlers Versuch, eine zweite, kleinere Bühne für Jugendtheater zu etablieren, schlug fehl.

Den Schließungsgedanken hegte der Theaterleiter offenbar schon länger. "Sie können Hähnchen lieben, aber nicht mehr jeden Tag Hähnchen essen wollen", so Dreßler. "Ich möchte einfach zu viele andere Dinge tun. Man ist im Kopf nicht frei, wenn man produzieren muss, weil man an ein festes Haus gebunden ist. Es ist an der Zeit, Neuland zu betreten."

Die Chance zum Neustart nutzen

Er verlasse kein sinkendes Schiff. Der Moment sei günstig, gerade weil das Haus derzeit so gut laufe. "Es war ein super Jahr. Wir haben viel Geld rausgeholt." Erstaunlich bei einer Platzauslastung von unter 50 Prozent. Summen nennt Dreßler nicht, spricht aber von weit über 100 verkauften Karten seines 250-Plätze-Hauses im Schnitt. Künstlerisch bot sein Programmansatz schon lange wenig Aufregendes. Die Inszenierungen von "Zweiohrküken", "Suche impotenten Mann fürs Leben" oder "Homo Faber" fielen bei der Kritik durch. Für Schlagzeilen sorgte das Theater in der Basilika zuletzt eher wegen Zerwürfnissen des Leiters mit den von ihm verpflichteten Regisseuren, für die er dann kurzfristig selbst einsprang. So zog 2010 Regisseur Carsten Kochan seine Regie bei Tina Müllers "Türkisch Gold" im Streit zurück. Nach einem Konflikt mit Regisseur Branko Simic über Vertragsmodalitäten platzte 2008 die Premiere von "Game Over". Dreßler übernahm auch diese Arbeit.

Bereits 2005 protestierte der Hamburger Regisseur Kai-Uwe Holsten gegen Dreßlers "Creeps"-Inszenierung, in der er einen unerlaubten Aufguss einer eigenen Aufführung am Ernst-Deutsch-Theater entdeckte, einschließlich der gleichen Schauspieler und Choreografie. "Es kann sein, dass ein oder zwei Stücke anders herauskamen, als sie geplant waren, aber wir haben über 200 Stücke gemacht, da finde ich das uninteressant", wehrt Dreßler ab. Wie es mit dem Gebäude weitergeht, ist derzeit offen. Interessenten für eine mögliche kulturelle Nutzung der Räume haben aber bereits vorgefühlt.