2000 Bands traten in vier Tagen in 80 Klubs beim South by Southwest Festival in Austin auf - deutscher Pop war stark vertreten.

Austin. Rodney trägt die Reeperbahn unterm Arm. Und zwar als Schild. Der Student hat es von einer Hauswand an der Ecke Red River und 6. Straße abmontiert und trägt es jetzt als Souvenir nach Hause. Überall in der Innenstadt von Austin hängen die blau-weißen Schilder. Sie gehören zum Marketing des Hamburger Reeperbahn-Festivals, das sich zum zweiten Mal beim SXSW (South by Southwest), dem größten Showcase-Festival der Welt, in Austin präsentiert. Aber nicht nur Hamburg, auch Berlin und Köln zeigen sich in diesem Jahr in der texanischen Hauptstadt. Mehr als 10 000 Menschen aus der Musik-, Film- und Multimediabranche treffen sich hier bei Kongress und Messe, 2000 Bands treten in vier Tagen in 80 Klubs auf, an diesem Wochenende wollen etwa 250 000 Leute erleben, was neu auf der internationalen Musikszene ist - oder auf der 6. Straße feiern, wo Klubs und Bars dicht an dicht zusammenliegen.

Deutsche Popmusik war in Austin noch nie so präsent wie in diesem Jahr. Die Macher des Reeperbahn-Festivals, der Berlin Music Commission und der Kölner Messe (inklusive Festival) c/o pop haben sich zusammengetan und die beim Kulturstaatsminister Neumann angesiedelte "Initiative Musik" dazu bewegen können, die erste gemeinsame Präsentation deutscher Musikfestivals zu unterstützen. Jeder akkreditierte Festivalbesucher erhielt eine 52 Seiten starke Broschüre inklusive einer CD mit dem Titel "Wunderbar", die "Initiative Musik" bezahlte den deutschen Festivals Messestände und richtete ein Barbecue aus. Dafür verwandelte sich ein Klub an der 6. Straße in die "Wunderbar", es gab Frikadellen, Kassler, deutschen Wein und Bier der Marke "St. Pauli Girl" - das aus Bremen stammt und nur noch in den USA gebraut wird.

"Wir sind hier, weil in so einem Gemeinschaftsprojekt die Zukunft der Musikwirtschaft liegt. Das alte Lagerdenken greift nicht mehr. Die Macher der Festivals in Berlin, Hamburg und Köln haben gemeinsame Interessen", sagt Olaf Kretschmar, der als "Cluster Manager" für die Berlin Music Commission arbeitet. Dahinter verbirgt sich ein Netzwerk aus Konzertagenturen, Labels und Klubs.

Die SXSW ist der weltweit wichtigste Treffpunkt von Konzertagenten und Label-Chefs. Hier treffen sich die Festivalmacher und sehen sich neue Bands an, hier wird mit dem gehandelt, das in der kommenden Saison angesagt ist. Hier werden Bands entdeckt und unter Vertrag genommen. "Für uns sind die internationalen Kontakte extrem wichtig. Das Reeperbahn-Festival ist zu einer der wichtigsten Plattformen für junge Bands in Europa geworden, wir müssen Agenten davon überzeugen, ihre Künstler zu uns zu schicken", sagt Alexander Schulz, Gründer und Geschäftsführer des Reeperbahn-Festivals. "Die Präsentation gibt dem Reeperbahn-Festival erneut die Chance, zu erklären, wer wir sind und welche Möglichkeiten wir haben."

Eher unwichtig ist angesichts dieses Schulterschlusses von Hamburg, Berlin und Köln das Gerangel zwischen PopKomm und Reeperbahn Campus. 2009 fand zum ersten Mal parallel zum Reeperbahn-Festival ein Branchenkongress in Hamburg statt. "Dieser Campus macht für uns Sinn, weil viele Agenten und Labelmanager zum Festival nach Hamburg kamen", erklärt Schulz. Und Kretschmar sagt: "Beide Festivals haben einen ganz unterschiedlichen Charakter. Warum sollen sie nicht nebeneinander bestehen?"