Hamburg. Auch Fausto Fungaroli, der neue Chefdirigent des Landesjugendorchesters Hamburg, ließ nach dem Konzert am Sonnabend in der Laeiszhalle Blumen sprechen (s. o.). Die gelben Rosen seines Straußes verteilte er an die fünf Stimmführer der Streicher, der gezauste Rest ging, stellvertretend für alle anderen, an die Holzbläser. Für sich selbst behielt der italienische Jungmaestro nicht mal ein Blatt - dabei waren Publikum und auch die Musiker selbst zuvor Zeugen seiner ungewöhnlichen Organisations- und Inspirationskraft geworden, die das Orchester weit über das für möglich Gehaltene hinaushob.

Das ehrgeizige Programm stellte die Blechbläser gleich zu Beginn vor ihre erste Bewährungsprobe. In Verdis "Nabucco"-Ouvertüre, die Fungaroli erstaunlich langsam nahm, mussten Posaunen, Trompeten und Tuba ihre Klasse beweisen, während die Streicher sich in ihrer überwiegend dezenten Begleitung noch warmspielen durften. Schon hier fiel auf, wie diszipliniert die jungen Musiker bei aller Lust am Schmissigen zu Werke gingen.

Zu Ehren des in Wiederentdecktwerdung begriffenen spätromantischen Komponisten Felix Woyrsch, der lange in Hamburg wirkte, vielleicht auch als Reverenz an das Land seiner Herkunft, hatte Fungaroli den "Symphonischen Prolog zu Dantes 'Divina Commedia' op. 40" aufs Programm gesetzt. Die Musik vollzieht in bisweilen schwülstiger Düsternis den Höllenweg der Seele durchs Fegefeuer bis ins Elysium nach. Auch wenn Perfektion anders geht: In jedem Augenblick war zu spüren, dass hier jemand das Künstlerische ebenso wie das bestmögliche Handwerkliche in jungen Leuten zu entzünden versteht. Kein Zweifel: Das LJO ist bereit, mit und für Fungaroli durchs Feuer zu gehen.

In Tschaikowskys dritter Sinfonie ging ihnen zwischenzeitlich dann doch die Puste aus. Besonders im vierten Satz wurde die Intonation der Bläser und auch der Bratschen neblig trüb. Gleichzeitig hatte es etwas Anrührendes, mit welchem Ernst die Bläser ihre Solostellen im dritten Satz absolvierten; da wurde die sorgfältig geübte Musik auf eine vielleicht sie selbst überraschende Weise zur scheuen Klangrede. Dass Töne etwas sagen, was eben nur Töne sagen können: Wer das erlebt, wird anders erwachsen.