Bei einer Reihe, die seit elf Jahren mit großem Erfolg läuft, sollte man mit aktuellen Superlativen vorsichtig sein. Aber diese "Wilsberg"-Folge basiert auf einem derart gelungenen Drehbuch (Ecki Ziedrich) und ist so ausgezeichnet umgesetzt (Kamera und Regie: Hans-Günther Bücking), dass man allzu leicht ins Schwärmen gerät.

"Oh du tödliche" (ZDF, 20.15 Uhr), der Titel deutet es nicht nur an, ist ein Weihnachtskrimi. Die Handlung trägt sich ausschließlich am Heiligen Abend zu, und wer die erste Viertelstunde versäumt, verpasst das Beste: Der Prolog ist eine virtuose Parallelmontage, in der auf sechs Ebenen alle Mitwirkenden eingeführt werden. Dialoge, Wortwitz, Situationen und Inszenierung sind von einem fast verschwenderischen Einfallsreichtum.

Schrägste Figur der Geschichte ist Overbeck (Roland Jankowsky), Mitarbeiter von Kommissarin Sprenger (Rita Russek) und bislang stets schmählich vernachlässigt, weil allenfalls auf die Rolle des Opfers von Schadenfreude reduziert. Nicht minder großartig ist Oliver Korittkes Einlage als Blinder, wobei er in einer Einstellung gleich drei Ikonen kopiert (Robert De Niro in "Taxi Driver", Arnold Schwarzenegger in "Terminator" sowie Stevie Wonder). Wilsberg (Leonard Lansink) versucht derweil einen Weihnachtsbaum zu kaufen, Alex (Ina Paule Klink) wird Zeugin eines Überfalls, Ecki (Korittke) verliebt sich in einen weiblichen Weihnachtsmann, und irgendwie führt das Drehbuch schließlich auf großartige Weise sämtliche Personen zusammen.

Die Geschichte ist viel zu facettenreich, um sie komplett wiederzugeben; dabei geht es im Grunde bloß um ein Glas Orangenmarmelade. Ziedrich und Bücking gelingt es, gleichzeitig eine köstliche Weihnachtssatire und einen spannenden Krimi zu erzählen; wobei die "O du tödliche" ganz ohne Mord auskommt.