Hamburg. Er ist einer der großen alten Publizisten deutscher Sprache, eigenwillig und eigenständig im Denken: Klaus Harpprecht, 1927 in Stuttgart geboren, ist gestern der mit 10 000 Euro dotierte Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg zugesprochen worden.

"Seine Weltläufigkeit und sein internationales Ansehen sind im deutschen Journalismus fast ohne Vergleich", hieß es in der Begründung der Jury über Harpprecht, der zu dem halben Dutzend politischer Journalisten gehöre, die "die Publizistik des Landes geistig und schreiberisch geprägt haben".

Harpprecht arbeitete für das ZDF und den WDR, Ende der 60er-Jahren leitete er den S. Fischer Verlag. Eines seiner späteren Bücher trägt den Titel "Die Lust der Freiheit", ein für Harpprecht, der stets den aufrechten Gang propagiert, programmatischer Titel: Nicht anders als in Amerika, notierte er, sehe er "in Europa eine neue Klassengesellschaft" entstehen. Von 1972 bis 1974 schrieb er Reden für den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt, 17 Jahre später brachte er diese Erfahrungen in Buchform heraus: "Im Kanzleramt".

Das wohl bedeutendste Werk aber, das Harpprecht veröffentlicht hat, ist die 1995 erschienene, mehr als 2000 Seiten starke Biografie über Thomas Mann. Ein in jeder Hinsicht monumentales Buch. Das Analysieren eines Lebens und seines Werkes zählt zu den herausragenden Talenten Harpprechts. So ist auch sein aktuell letztes Buch eine Biografie: "Die Gräfin. Marion Dönhoff". Dass sich der unabhängige Geist Klaus Harpprecht eine in ihrem Streben nach Freiheit Seelenverwandte zum Thema genommen hat, darf man getrost als für die Kategorie Zufall nicht tauglich einordnen.

Das Lessing-Stipendium erhielt ebenfalls gestern der junge Lyriker Jan Wagner.