Der futuristische “Avatar“ von James Cameron will auch ein Spiegel amerikanischer Goldrausch-Geschichte sein.

Wenn Jake Sally (Sam Worthington) in ein Bett aus gallertartiger Flüssigkeit steigt und den Deckel über sich schließt, macht er einen Schritt, den viele Videogame-Konsumenten im Kleinen tagtäglich vollziehen: Sein Geist verlässt den Körper und begibt sich auf die Reise in eine fantastische Welt.

Der kriegsinvalide US-Marine muss den Rest seines Lebens im Rollstuhl sitzen. Da ist die Verlockung groß, in den Körper eines anderen zu schlüpfen. Er wird auf den Lichtjahre entfernten Planeten Pandora beordert, auf dem es ein seltenes Mineral gibt, das die Energieprobleme der Menschheit lösen und den beteiligten Konzernen Milliardengewinne bescheren könnte. Die Atmosphäre ist für den menschlichen Körper giftig, weshalb das wissenschaftliche Team um Dr. Grace Augustin (Sigourney Weaver) die menschliche DNA mit der der humanoiden Ureinwohner gekreuzt hat. Der künstliche Körper kann sich ferngesteuert vom menschlichen Geist durch die Wildnis Pandoras bewegen. Während die Wissenschaftlerin an der Erforschung der bizarren Natur interessiert ist, will der Kommandeur der Söldnerarmee (Stephen Lang) Jake als Militärspion benutzen.

In seiner 230 Millionen Dollar teuren Produktion "Avatar" entwirft James Cameron ("Titanic", "Terminator") mit beeindruckender Effekt-Palette und überbordendem visuellen Ideenreichtum eine fantastische Welt, wie man sie bisher im Kino sicherlich noch nie gesehen hat. Aber "Avatar" erzählt auch eine alte Geschichte. Mit den hereinbrechenden Kolonialisten, die mit militärischer Überlegenheit und ökonomischer Profitgier die Eingeborenen zu unterwerfen versuchen, spiegelt der Film äußerst kritisch die Gründungsgeschichte der USA. Die Parallelität zwischen der Lebensweise riesenhaften Ureinwohner und den Native Americans ist offensichtlich. Die Rücksichtslosigkeit der im Goldrausch befindlichen Siedler droht auch hier eine gewachsene Kultur sowie die Lebensgrundlagen des Planeten zu zerstören.

Noch deutlicher als sein Kollege Roland Emmerich formuliert Cameron zwischen Krawall und Effektegewitter seine ökologische Botschaft. Der Film ist durchdrungen von starken visuellen Metaphern, die den Einklang beschwören, in dem die Ureinwohner mit der gefahrvollen Natur ihres Planeten leben. Mit "Avatar" ist Cameron eine mehrfache Gratwanderung gelungen, die modernste High-Tech-Standards mit Naturfaszinationen, futuristische Welten mit historischer Reflektion, Videospielelemente mit cineastischem Vergnügen und rasendes Entertainment mit ökologischer Nachdenklichkeit verbindet. Überwältigt, aber nicht plattgebügelt verlässt man nach 161 dreidimensionalen Kinominuten wie ein Seemann schwankend den Saal.

+++-- Avatar USA 2009, 161 Min., ab 12 J., R: James Cameron D: Sam Worthington, Sigourney Weaver, Stephen Lang, täglich im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, Cinemaxx Wandsbek, Hansa-Filmstudios, Streit's, UCIs Mundsburg, Othmarschen Park, Smart-City; www.avatar-derfilm.de