Direktorin Sabine Schulze erwartet einen ausgeglichenen Haushalt, setzt auf Partner, die Stärken der eigenen Sammlung, große Ausstellungen - und zum Auftakt auf Nackte.

Hamburg. Gerade weil die Hamburger Museen aufgrund ihrer prekären finanziellen Lage zurzeit bundesweit negative Schlagzeilen machen, wollte sie diesmal nur über Positives reden, sagte Direktorin Sabine Schulze gestern bei der Jahrespressekonferenz des Museums für Kunst und Gewerbe. Tatsächlich konnten auch einige Motive der im Januar anlaufenden Fotoschau "Nude Visons. 150 Jahre Körperbilder in der Fotografie" durchaus ablenkende Wirkung entfalten: Guido Mangolds "Uschi Obermeier in Kamerun" jedenfalls gehört zu den züchtigeren "Objekten" der Ausstellung, die sich in Kooperation mit dem Münchner Stadtmuseum dem nackten menschlichen Körper widmet und einen weiten kunstgeschichtlichen Bogen von der akademischen Auffassung des 19. Jahrhunderts bis zu aktuellen Positionen zieht.

Das mag zunächst anregender wirken als schnöde Bilanzzahlen - die allerdings sind am Museum für Kunst und Gewerbe offenbar besser als an anderen Häusern. Millionenschulden? "Wir haben keine Schulden und werden in diesem Jahr voraussichtlich einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen", sagte die Direktorin, die gleichwohl keinen Zweifel daran ließ, dass der harte Sparkurs dem Haus in seiner Substanz schadet.

Dabei erzielt das Museum 2009 mit etwa 200 000 Besuchern kein schlechtes Ergebnis. Erfolgreich waren die Ausstellungen mit Romy-Schneider-Fotos, über Loriot und die auch überregional positiv wahrgenommene Eigenproduktion über das Wirken der Hamburger Kunsthistorikerin Rosa Schapire.

Das waren Erfolge unter schwierigen Rahmenbedingungen, vor allem was das Fachpersonal betrifft. Schon bisher sind Wissenschaftler- und Kuratorenstellen gestrichen worden; um die Sparquote zu erfüllen, muss das nun fortgesetzt werden. Resultat sei zum Beispiel, dass kaum noch junge Leute im Museum beschäftigt sind. "Wir arbeiten viel mit Ehrenamtlichen und wissen deren Engagement sehr zu schätzen, aber Ehrenamtliche können Spezialisten und junge Wissenschaftler nicht ersetzen", sagte Schulze, die keinen Ausverkauf, aber eine schleichende Aushöhlung ihres Museums befürchtet.

An der Diskussion um Verkäufe von Kunstwerken wollte sie sich nicht beteiligen. Schon zuvor hatte sie im Abendblatt-Gespräch erklärt, dass sie Verkäufe unter den besonderen Bedingungen eines Kunstgewerbemuseums nicht für ausgeschlossen hält, aber nur befürwortet, wenn damit wiederum Museumsobjekte gekauft werden. "Wenn wir zum Beispiel eine besonders qualitätvolle barocke Silberschale ins Haus bekommen, könnte ich mir den Verkauf eines schlechteren Stücks vorstellen, um von dem Erlös ein bedeutendes Objekt zu kaufen, das unserer Sammlung fehlt."

Die Arbeit von Wissenschaftlern und Kuratoren lässt sich damit jedoch nicht finanzieren. Hier ist das Museum auf Partner wie die Haspa und die Justus-Brinckmann-Gesellschaft angewiesen, die jeweils eine Volontärsstelle bezahlen, oder die "Zeit"-Stiftung, die für ein Projekt zur wissenschaftlichen Inventarisation von Druckgrafiken und Plakaten des Jugendstils aufkommt.

Eine neuartige Kooperation gibt es seit einigen Wochen mit der Hochschule für bildende Künste (HfbK). Zu den Aufgaben von Friedrich von Borries, der an der HfbK Design lehrt, gehört es künftig, Ausstellungen im Museum für Kunst und Gewerbe zu kuratieren. Den Auftakt bildet im Mai die Schau "Klimakapseln", in der mit Beispielen belegt wird, wie Menschen auf unwirtliche Außenbedingungen reagieren und welche Auswirkungen der Klimawandel auf Formgebung und Design haben könnte.

Nach den nackten Tatsachen zum Jahresauftakt beginnt für das Museum am 21. März eine neue Ära: Der restaurierte Ostflügel wird eröffnet. Neu ist dann nicht nur das wieder zum Vorschein gebrachte prächtige Gründerzeitportal, neu sind auch großzügige Ausstellungsräume mit reizvollen Blickachsen, in denen die Stärken der Sammlung ausgespielt werden sollen. "Body & Soul" heißt hier die erste Ausstellung mit 150 Skulpturen, Figuren und Menschenbilder aus vier Jahrtausenden. Die eigenen Schätze ins richtige Licht zu rücken, ist keine schlechte Idee - und eine angemessene Antwort auf die schwierige wirtschaftliche Lage dieses bedeutenden Museums.

Eine Fotostrecke mit Motiven aus "Nude Vision" steht unter www.abendblatt.de/kultur-live