Eine Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat gegen die Verlängerung des Vertrages von Nikolaus Brender ist wohl sicher.

Hamburg. Im Prinzip ist bereits alles klar. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird der ZDF-Verwaltungsrat heute Nachmittag auf seiner Sitzung im Berliner Zollernhof, wo das Hauptstadtstudio des Senders seinen Sitz hat, beschließen, den Vertrag mit Nikolaus Brender nicht zu verlängern. Eine Mehrheit von Unionspolitikern um den stellvertretenden Verwaltungsratsvorsitzenden Roland Koch will den ZDF-Chefredakteur unbedingt loswerden.

Die Riege um den hessischen Ministerpräsidenten ist sich ihrer Sache absolut sicher: Brenders "Nachfolger" werde "einer politischen Gruppierung nahestehen, die nicht mit der identisch ist, die im Verwaltungsrat die Mehrheit hat", sagt ein Mitstreiter Kochs.

Das ist nicht überraschend, da laut der parteipolitischen Farbenlehre des ZDF der Chefredakteur traditionell der SPD nahesteht. Andererseits ist es schon erstaunlich, wie offen die Verwaltungsratsmitglieder der Union über einen Nachfolger Brenders sprechen, obwohl zumindest offiziell über die Zukunft des Chefredakteurs noch gar nicht entschieden ist.

Tatsächlich dürfte es heute nur noch darum gehen, ob eine Lösung gefunden werden kann, die für ZDF-Intendant Markus Schächter halbwegs gesichtswahrend ist. Schließlich hatte Schächter vorgeschlagen, Brenders Vertrag, der Ende März 2010 ausläuft, um fünf Jahre zu verlängern. Eine denkbare Lösung wäre etwa eine Verlängerung um ein bis anderthalb Jahre. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es so kommt. Brender gilt nicht als ein Mann, der sich auf halbe Sachen einlässt.

Mit ihrem Vorgehen beschädigen Koch und die Seinen also nicht nur den Sender, sondern auch dessen Intendanten. Die Frage ist nur, warum? Bereits im Frühjahr hatte der hessische Ministerpräsident erklärt, Brender sei verantwortlich für die angeblich schlechten Quoten der Informationssendungen des ZDF. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte nun der Koch-Getreue und ehemalige CDU-Geschäftsführer Willi Hausmann, der ebenfalls im ZDF-Verwaltungsrat sitzt: "Die Quote darf nicht der alleinige Maßstab sein."

Kann es sein, dass Koch und seine Mitstreiter an Brender stört, dass er ein unbequemer und unabhängiger Journalist ist, einer, der kein Problem damit hat, es sich mit den Mächtigen aus dem Bundeskanzleramt zu verscherzen, ob sie nun Gerhard Schröder oder Angela Merkel heißen? Angesichts zunehmender Proteste gegen das Vorgehen der Unions-Leute scheint es ihnen auch ums Prinzip zu gehen. Auch der Aufschrei 35 führender Staatsrechtler, die das Vorgehen Kochs verfassungsrechtlich für höchst fragwürdig halten, scheint sie nicht zu irritieren.

Das liegt wohl auch daran, dass die Möglichkeiten, gegen eine Entscheidung des Verwaltungsrats juristisch vorzugehen, begrenzt sind. Klagen könnte Intendant Schächter, der das aber nicht will. Dass die Bundesregierung, eine Landesregierung oder mindestens ein Drittel der Bundestagsabgeordneten die zu erwartende Ablösung Brenders vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen, gilt als unwahrscheinlich. So viel Staatsferne, wie in den Rundfunkverträgen gefordert, wollen die Parteien wohl doch nicht.