Hamburg. Das wichtigste Sinnesorgan des Architekten ist: das Ohr. Diese überraschende These vertritt Daniel Libeskind, der geniale Raumerfinder aus New York. "Bevor Sie einen Raum bauen, beim Zeichnen, müssen Sie ihn hören. Aus diesem Klang ergibt sich die Struktur des Gebäudes." Libeskind, 63, hätte genauso gut Musiker werden können - als Kind war er ein Meister auf dem Akkordeon. Lange wirkte er als Architekturtheoretiker; Ruhm als Praktiker erlangte er erst jenseits der 50, mit dem Bau des Jüdischen Museums in Berlin. Weltbekannt wurde er mit seinem am Menschen und an der Stadtgeschichte ausgerichteten Entwurf für die Neubebauung von Ground Zero in Manhattan. Heute kommt Libeskind zum Abschluss der 4. "hamburger klangwerktage" in die Stadt, um mit dem Komponisten Nikolaus Brass über Musik und Architektur zu sprechen. Ihr Gespräch geht einem Konzert voraus, bei dem auch zwei Kompositionen von Brass aufgeführt werden, die er unter dem Eindruck der "Voids", der Leerräume im Jüdischen Museum, schrieb. "Ich kenne mehrere Aufnahmen davon und finde die Musik toll", sagt Libeskind, der seinerseits beim Entwurf des Museums Elemente aus Schönbergs Oper "Moses und Aaron" in Architektur übersetzte.

Für ihn klingt auch jede Stadt auf ihre eigene Weise. Welchen Ton gibt Hamburg von sich? Libeskind lauscht kurz in seine Erinnerung und sagt: "Eine flexible, an Musik Strawinskys erinnernde Linie mit Akzenten, gespielt von Celli und Bratschen."

Heute, 18.00, Kampnagel (U Borgweg), Jarrestraße 20, Eintritt frei