Hamburg. Sie hat die Lizenz zum Spielen, nur sie allein: Hiromi Kikuchi ist Widmungsträgerin und weltweit einzige autorisierte Interpretin einer Komposition des Ungarn György Kurtág für Solo-Violine, der "HiPartita". Am Sonntagabend bot sich anlässlich der Eröffnung der 4. "Hamburger Klangwerktage" in der K2 von Kampnagel erstmals in Hamburg die Gelegenheit, die zenmeisterlich konzentrierte Musikerin mit diesem Werk im Konzert zu erleben.

Mit der Ruhe und Gewissheit einer schönen, unnahbaren Bogenschützin durchmaß Kikuchi die acht Sätze, deren Noten auf elf Pulten vor ihr verteilt lagen. Kurtág geht in seiner Partita wiederholt auf die Quintstimmung der Violine zurück, auf die Quintessenz - nicht nur der abendländischen Musik. Vor mucksmäuschenstill lauschendem Publikum zelebrierte Kikuchi die wie in tiefer Versenkung getuschten Bögen klanglicher und musikalischer Aggregatzustände ihres Instruments - mal hauchfein gedämpft, mal im Espressivo; warm noch bei größter Wildheit.

Anschließend spielten Gábor Csalog und András Kemenes in Vertretung für den erkrankten Komponisten und seine Frau Márta auf einem in der Lautstärke gezähmten Flügel Stücke aus dem Zyklus "Játétok" (Spiel). Ein faszinierender Kosmos aufs Extrem reduzierter Klänge: Miniaturen, mal poetisch wie ein Haiku, mal verrätselt wie ein Koan. Das Zeremonielle der Ausführung lädt die verspielte Musik mit Ernst auf - und untergründigem Witz. Kurtág schickt uns mit seiner Musik zugleich auf Abenteuerreise und in die Meditation. Kann man von Kunst mehr verlangen?