"Herzlich Willkommen" steht als Inschrift zur Begrüßung der DDR-Flüchtlinge über dem Hamburger Notaufnahmelager, und so heißt auch Walter Kempowskis unverhüllt autobiografischer Roman über einen 1948 wegen angeblicher Spionage von den Sowjets zu sechs Jahren Bautzen verurteilten jungen Reederssohn aus Rostock, der nun nach Hamburg entlassen wird. Dort lebt beengt seine Mutter, die er mit ins Unglück gerissen hatte.

Aber herzlich willkommen ist er nicht - vor allem nicht bei seiner bürgerlichen Verwandtschaft, die in Hamburgs betulichen ruhigen Vorstädten lebt, weg vom Trümmerschutt der zerbombten Hansestadt - und die sich im neu gewonnenen engen Frieden ohne Politik einzurichten sucht.

Der Held Walter hat lange unter fürchterlichen Haftbedingungen gelebt. Das Motto sagt ironisch: "Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig" - es ist Kempowski, wie er leibt und lebt und beobachtet und schreibt. Er schwärmt seine weiblichen Verwandten an und wird mit der schrägen Idylle, die ihn ausstößt, nur durch seine collagierende Reihung der Beobachtungen und seine Ironie fertig.

"Herzlich willkommen" ist ein liebevolles, in seiner Akkuratesse auch gnadenloses Portrait des damaligen Westdeutschlands, mit hanseatischer Komponente.

Was daran boshaft wirkt, ist die pure Realität.