Hamburg. Nach 15 Jahren als Chef des Tonhalle-Orchesters Zürich kann sich David Zinman fast schon blind auf seine Musiker verlassen. Beim beeindruckenden Gastspiel in der Laeiszhalle musste der amerikanische Maestro - das dezente Gegenteil eines Showdirigenten - jedenfalls nicht viel Aufwand treiben: Ein paar sparsame Gesten und stetiger Blickkontakt reichten völlig aus, um den großen Apparat geschmeidig durchs Tourneeprogramm zu navigieren. Schon in Strauss' Tondichtung "Till Eulenspiegels lustige Streiche" mit ihren virtuos wuselnden und entsprechend heiklen Bläsereinwürfen griff ein Rädchen ins andere: präzise wie bei einem frisch geölten Schweizer Uhrwerk. Dass das Orchester auch - um im Klischee zu bleiben - weich wie Alpenrahmschokolade klingen kann, war dann in Mozarts Klarinettenkonzert zu erleben: Da begleiteten Zinmans Zürcher die Solistin Sabine Meyer so sensibel und sahnezart, dass sie auch die ganz leisen Pianissimotöne ihrer breiten Palette auskosten konnte.

Nach einem Abstecher in den exotischen Farbreichtum von Takemitsus "Fantasma" endete der Abend bei der Vierten Sinfonie von Schumann.

Und auch hier gab's exquisite Wertarbeit auf europäischem Spitzenniveau zu erleben: Zinman mied jedes zähflüssige Pathos und setzte stattdessen auf ein transparentes, vibratoarmes Klangbild, in dem er einige bisher unerhörte Details aus dem reichen Binnenleben der Partitur zum Vorschein brachte und neu beleuchtete. Stellenweise geriet die sorgfältige Phrasierung dabei fast schon ein bisschen historisierend: ein spannender Ansatz. Insgesamt klang der Schumann jedenfalls sehr straff, schlüssig und durchaus feurig - aber mitunter vielleicht doch eine Spur zu unsentimental.