Schauspielerin Judith Rosmair entzückte und verzauberte in ihrer Ein-Frau-Inszenierung von Truman Capotes “Frühstück bei Tiffany“.

Hamburg. Sie hat es mal das Buch ihres Lebens genannt, das Bändchen von Truman Capote - "Frühstück bei Tiffany". Als sie es kennenlernte, war sie eben 19, selbst gerade auf dem Weg nach New York, wo diese bezaubernde Geschichte spielt.

Keine Frage, dass Judith Rosmair, früher am Thalia, heute im Ensemble der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz, irgendwann diese Holly Golightly auf die Bühne bringen würde. Wenigstens auf eine kleine. Notfalls sogar allein.

Dabei ist es nicht leicht, gegen den seit 1961 zum kollektiven Gedächtnis gehörenden Blake-Edwards-Film anzuspielen, der zudem mit Audrey Hepburn ein unvergessliches Gesicht hat.

Und doch ein Leichtes für Judith Rosmair, diese wunderbar facettenreiche Schauspielerin, die am Sonnabend und Sonntag im Fleetstreet-Theater in Millisekunden zwischen den Figuren hin und her sprang.

Sie verkörperte die Hauptfigur als Kobold, Lebedame und kleines Mädchen - mit ungeheuer komischem Talent, um im nächsten Moment in tiefe Melancholie verfallen. Dazu den protzigen Filmagenten, den Latin Lover, den schwulen Millionär, ein kokainsüchtiges Model und den jungen Schriftsteller - als wären sie alle selbst auf der Bühne. Nur Hollys viel älteren Ehemann, den sprach vom Band altersweise Harry Rowohlt.

Ein ganz kleines bisschen Klamauk war das, meist aber ging es viel tiefer, zeigte einen Menschen auf der verzweifelten Suche nach dem richtigen Leben, das nicht arm sein soll, nicht rechtwinklig, nicht grau, immer überraschend. Judith Rosmair macht aus Capotes Text einen großartigen Theaterabend; niemand hatte das Gefühl, eine Lesung zu hören.

Das Ende war kein Happy-End-Filmkuss, und so müssen sich die begeisterten Hamburger damit abfinden, dass es weiterhin heißt "Judith Rosmair - auf Reisen". Hoffen lässt nur der hübsche Versprecher, mit dem sie ihre Holly "nach Hamburg" auf Reisen schickte statt nach New York. Bitte öfter!