China als Gastland auf der Frankfurter Buchmesse - war das nun ein Erfolg, und wenn ja, für wen? Überschaut man die Berichte, dann hat sich der erhoffte Dialog zwischen Parteiherrschaft und Demokratie nicht wirklich ergeben.

China hat sich von einer messetauglichen, auf Hochglanz polierten Sonnenseite präsentiert, linientreue Funktionäre haben kritische Fragen mit Standard-Stanzen abgefertigt, Autoren mit unliebsamen Meinungen durften nicht anreisen.

Andererseits: Trotz des anfänglichen Schlingerkurses der Messeleitung wurde selten so viel über das andere China diskutiert, standen Menschenrechte, Tibet und verfemte Autoren zwar nicht ständig im Fokus, aber auf der Tagesordnung, wurden laut unbequeme Fragen gestellt.

Der Erfolg liegt darin, dass sich immer mehr Menschen mit China beschäftigen, dass das kulturell überreiche Land nicht mehr nur als fernost-exotisch, sondern als Mitglied der internationalen Völkerfamilie wahr und ernst genommen wird. Das hat genaueres Hinschauen zur Folge und den Anspruch auf wirklichen Dialog. Die kulturellen Unterschiede werden genauer, greifbarer. Sie aber zusammen mit gesellschaftlichen und ideologischen Unterschieden als starrsinniges Argument zu verwenden, das angeblich die Unterdrückung von Meinungen und Menschen rechtfertigt, hat sich weder in der DDR noch in der UdSSR als Zukunftsmodell erwiesen. Es ist auch in China längst als das zu erkennen, was es im Kern ist: eine veraltete und ängstliche Umgangsform mit den Kräften, deren leidenschaftliche Kritik helfen kann, den Weg zu einer menschlicheren Gesellschaft zu finden.

Das hilft den in China inhaftierten oder mit Publikationsverbot belegten Autoren noch nicht viel - ihr Schicksal bleibt, so wie langjährige Lagerstrafen und Hinrichtungen, eine ständige Mahnung und Herausforderung, die den ganz selbstverständlichen Umgang mit China noch für längere Zeit belastet.

Dass man mit abweichenden Ansichten anders umgehen kann, ohne dass jemand sein Gesicht verliert oder gleich der Staat gefährdet ist, werden manche der Chinesen, die die Messe besucht haben, als erstaunliche Erfahrung mitnehmen. Auch wenn sie es zunächst nicht laut sagen.