Die Unionsmehrheit im ZDF-Verwaltungsrat möchte Nikolaus Brender loswerden - trotz des Preises, der ihm heute verliehen wird.

Hamburg. Natürlich ist ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender prädestiniert für diese Auszeichnung: Den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus erhalten Redakteure und Reporter, die bewiesen haben, dass sie "kreative, kritische und parteiunabhängige Journalisten" sind.

Ein solcher Journalist ist Brender zweifelsohne. Ihm wird heute um 18.30 Uhr in Köln die angesehene Auszeichnung verliehen. Und doch könnte man auf die Idee kommen, dass Roland Koch ungewollt die Ehrung Brenders befördert hat. Im Februar wurde bekannt, dass die Unionsmehrheit im ZDF-Verwaltungsrat, angeführt vom hessischen Ministerpräsidenten, den Vertrag des Chefredakteurs nicht verlängern will. Im März beschloss die Jury des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises 2009 Brender zu ehren.

"Das war keine politische Entscheidung", widerspricht Klaus Bresser. Er ist Jurymitglied und war vor Brender ZDF-Chefredakteur. "Es war die Entscheidung für einen Journalisten, der Haltung und Mut bewiesen hat."

Selbst wenn die Jury mit der Ehrung Brenders Position in der aktuellen Auseinandersetzung hätte stärken wollen, wäre ihr das nicht gelungen. Rein gar nichts deutet darauf hin, dass die Union eine Vertragsverlängerung doch noch akzeptieren könnte.

Offiziell begründet Koch die Entscheidung gegen Brender mit angeblich schlechten Quoten der ZDF-Informationsprogramme - ein unhaltbares Argument. Im Vergleich mit der ARD können die von Brender verantworteten Programme in puncto Zuschauerzuspruch mithalten. Zudem sollten Quoten bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht dieselbe Rolle spielen wie im Privatfernsehen.

Viel spricht dafür, dass sich die Union daran stört, dass Brender sich von Politikern jedweder Couleur nichts sagen lässt. Der ZDF-Chefredakteur seinerseits hat gerade erneut seine Unabhängigkeit unter Beweis gestellt, als er in der "Berliner Runde" unmittelbar nach der Bundestagswahl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte, weil sie sich einer Diskussion mit den Spitzenkandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien verweigert hatte.

Für ZDF-Intendant Markus Schächter wird es ungemütlich. Er hatte dem Verwaltungsrat vorgeschlagen, Brenders Vertrag zu verlängern. Sollte das Gremium dieser Empfehlung nicht folgen, bleiben dem Intendanten drei Möglichkeiten: Er könnte zurücktreten, trotz Gesichtverlusts weitermachen oder aber gegen die Entscheidung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Seine Chancen stünden gut: Der vom Gesetzgeber geforderten Staatsferne widerspricht es, dass beim ZDF mit dem Verwaltungsrat ein Gremium über den Chefredakteur entscheidet, in dem fast nur Politiker sitzen.

Doch wird der auf Konsens bedachte Schächter diesen Schritt wagen? Bresser wünscht es sich: "In einer Zeit, in der der Staat immer mächtiger wird, brauchen die Sender unabhängige Journalisten", sagt er.