Hamburg hat sein Theaterfestival: Fünf herausragende Aufführungen - etwa vom Berliner Ensemble - sind zu Gast.

Hamburg. Großartig! Da hat einer eine Idee, zeigt viel Engagement, weckt Begeisterung, gewinnt Mitstreiter, und die Idee wird Realität. In Zeiten, da überall gespart und abgebaut wird, bekommt Hamburg ein neues Theaterfestival. Ohne Zuschüsse aus Steuergeld. Dank Eigeninitiative und Privatspenden kommen fünf der aufregendsten und besten Inszenierungen aus dem deutschsprachigen Raum im Oktober als Gastspiele nach Hamburg.

Dies ist in diesem Jahr bereits das zweite Festival in Hamburg, das allein durch Privatpersonen entwickelt und geprägt worden ist und das das kulturelle Angebot der Stadt sehr viel attraktiver macht. Im September war es das erste Harbourfront Literaturfestival, das ein großes Publikum anlockte. Hierfür spendierte die Stadt 120 000 Euro. Das Theaterfestival dagegen ist eine rein privat finanzierte Kulturinitiative und das Projekt der Stiftung Hamburger Theaterfestival.

Nikolaus Besch, der zehn Jahre lang das Theater Haus im Park der Körber-Stiftung in Bergedorf leitete, hatte die gewagte Idee, ein Theaterfestival für Hamburg zu entwickeln. "Ich habe gesehen, dass von Jahr zu Jahr mehr Zuschauer nach Bergedorf gekommen sind und dass es ein ungeheures Potenzial von Zuschauern gab, die Interesse an Gastspielen hatten, bei denen man herausragende Schauspieler sehen konnte", sagt Besch. Seine Idee hat er mit vielen Helfern und Mäzenen innerhalb von nur zwei Jahren in die Tat umgesetzt. "Ich hab meine Kontakte weiter gepflegt", sagt Besch nüchtern "und viele Mäzene konnten sich für ein Festival begeistern, bei dem man das Wiener Burgtheater, das Berliner Ensemble oder das Schauspielhaus Zürich zu Gast hat."

So kommt es nun, dass zum ersten Mal in Hamburg eine Inszenierung von Peter Stein zu sehen sein wird, "Der zerbrochene Krug" mit Klaus Maria Brandauer als Dorfrichter Adam und einem Ensemble, in dem neben Ilse Ritter und Tina Engel auch zwölf Hühner auftreten werden. Publikumslieblinge wie Michael Maertens, der der berühmten Hamburger Theaterfamilie entstammt und seit vielen Jahren in Wien, Zürich, Berlin oder München Theater spielt, ist in Hamburg endlich wieder zu sehen, in "Amphitryon". Fritzi Haberlandt, frecher Star am Thalia vor ein paar Jahren, kommt mit Hans Löw und "Die neuen Leiden des jungen Werther", Joachim Meyerhoff, einst Mitglied im Stromberg-Ensemble am Schauspielhaus und ein begnadeter Mephisto in Jan Bosses preisgekrönter "Faust"-Inszenierung, ist einer der begehrtesten Schauspieler am Wiener Burgtheater und spielt neben Johann Adam Oest und Maria Happel in Shakespeares "Sturm". Berlins größter Bühnenstar Ulrich Matthes kommt mit Almut Zilcher und der Schauspielerin des Jahres 2008, Constanze Becker, in "Ritter, Dene, Voss" als Gast nach Hamburg. Ein vielversprechendes Programm also, in dem es vor allem um große Schauspieler geht. Und um die unterschiedlichen Regiehandschriften von Matthias Hartmann, Jan Bosse, Peter Stein, Oliver Reese und Barbara Frey. Nikolaus Besch sagt: ",Der zerbrochene Krug' mag als konventionelle Inszenierung bezeichnet werden, lebt aber von der Spielfreude und zeigt eine tief greifende Auseinandersetzung mit Kleists Stück. In Berlin ist das ein solcher Publikumsmagnet, dass man keine Karten bekommt."

Lange, sehr lange schon wünschen sich Theaterliebhaber in Hamburg ein Festival. Gewiss, in den letzten neun Jahren konnten wir beim "Autorentheaterfestival", das vom Thalia veranstaltet wurde, viele wichtige Inszenierungen in Hamburg sehen. Aber für ein eigenes Theaterfestival hat sich keiner in der Stadt eingesetzt. Obwohl schon seit 1979, als Ivan Nagel hier das erste "Theater der Welt" veranstaltete, der Wunsch danach vorhanden war. Mal wurde genörgelt, ein Festival sei etwas zu kurzlebiges, um die Hamburger Kultur zu bereichern. Mal hieß es, dafür sei kein Geld da. Das ist es nun zwar seitens der Stadt immer noch nicht, aber viele Menschen haben Geld gespendet, um tolles Theater, tolle Schauspieler, tolle Inszenierungen zu sehen. Immerhin darf sich Hamburg nun damit schmücken, dass so viel privater Enthusiasmus und Einsatz wohl in keiner anderen deutschen Stadt möglich wäre.

"Wir haben vor, das Theaterfestival so zu entwickeln, dass es über Hamburg hinaus Zuschauer anlockt" sagt Nikolaus Besch, der bereits kräftig am Programm für das kommende Jahr arbeitet. "Unser Ziel ist es, in Zukunft zwölf Inszenierungen an verschiedenen Orten in Hamburg zu zeigen", sagt er, "die Hamburger Theater beteiligen sich gerne." Ob es beim Termin im Herbst bleibt, steht noch nicht fest. "Alles ist noch möglich", sagt Nikolaus Besch. "Ich gucke mich überall um. Vielleicht werden wir im kommenden Jahr sogar international und laden eine Inszenierung aus London dazu."

12.-28. Oktober im Thalia, Schauspielhaus und St.-Pauli-Theater, Karten zwischen 12,50 Euro und 55 Euro bei den Theatern und allen bekannten Vorverkaufsstellen oder online unter www.hamburgertheaterfestival.de