Der Sohn Mannheims ist auf seinem neuen Album “Wild vor Wut“, aber optimistisch, wenn er an Deutschland denkt.

Hamburg. Ein Slogan wie von Politikern bestellt: "Alles kann besser werden." - auf diffuse Art Hoffnung machend, aber hübsch unverbindlich. Tatsächlich stammt die plakative Zeile nicht von Parteistrategen, sondern ist Titel des neuen Soloalbums von Xavier Naidoo.

Kurz vor der Bundestagswahl hat Naidoo gesagt, wie wenig er der Politik zutraue: "Alles kann besser werden, beinhaltet ja auch die Feststellung, dass nicht alles besser werden muss, und die Frage: Warum wird nicht alles besser? Das ist auch ein Stück Resignation. Mit Sicherheit wird nichts besser, wenn wir nur alle vier Jahre wählen gehen und ansonsten alles geschehen lassen."

Entgegen seinen Ankündigungen ("Ich will mich nicht mehr immer zu allem erklären müssen.") hat Deutschlands erfolgreichster Soulmusiker doch entschieden, mit sich über sein Drei-CD-Werk reden zu lassen - ausgerechnet in einer Hamburger Anwaltskanzlei in der City. Von so einem Ort geht die Botschaft aus: "Passen Sie auf, was Sie sagen und fragen ..."

Drinnen döst Armani, die französische Dogge und Naidoos Dauerbegleiter, draußen dröhnt das Mittagsläuten von St. Jacobi, als der tiefgläubige Künstler, der auch der Kopf der Söhne Mannheims ist, gut gelaunt in das Besprechungszimmer kommt.

Naidoo, bekennender Mannheimer mit indisch-südafrikanisch-ägyptischen Wurzeln und katholisch erzogen, spricht ohne Pathos in der Stimme. Auch wenn er erzählt, wie er "Nigger" genannt, gehänselt und von Deutschen verprügelt wurde - um dann zu bilanzieren: "Ich habe immer nur die Möglichkeiten gesehen, die ich in Deutschland habe." Pathetisch hören sich auch die manchmal sehr flauschigen, fast klebrigen R-'n'-B-Klangteppiche an, die das Produzententeam um Michael Herberger unter die Lyrics gelegt hat. Da dürfen es schon mal helle Harfentöne sein, eine Sopran-Arie oder das Filmorchester Babelsberg, das in voller (Streicher-)Besetzung schön dick aufträgt. Der klasse Kontrast dazu ist Naidoos Stimme: weiter gereift, noch tiefgründiger als bisher, intensiv ins Ohr gehend, der satte Soul. Das alles gern mal angereichert mit gerappten Reimen und trockenen Beats.

"Die erste CD ist sehr hell, hat leichtere Themen. Die zweite steht für die Kraft, die man auch aus Schmerz und Trauer ziehen kann. Und der dritte Teil ist geprägt von Besorgnis und Wut, ruft dazu auf, kein Blatt vor den Mund zu nehmen." So kommt es, dass sich romantisch-utopische Verse finden neben aggressiven - "Alles kann besser werden, holen wir uns den Himmel auf Erden" versus "Wir haben lang genug geschwiegen, jetzt sind wir wirklich wild vor Wut; wir werden euch besiegen, weil es viel mehr von uns gibt."

Mehr von uns - dazu zählen auch die Weltmusik- und Crossover-Crew Söhne Mannheims. Naidoo und sein zweites Großprojekt sind erstmals gemeinsam mit einer Reihe von Doppelkonzerten auf Tour, am 30. November (Söhne) und 1. Dezember (Naidoo) machen sie auch in Hamburg in der Color-Line-Arena Station. "Zwei Abende in derselben Location, das macht alles viel entspannter", sagt Naidoo.

Xavier Naidoo: "Alles kann besser werden" (Naidoo Records), 3-CD-Box, im Handel Konzerte Söhne Mannheims: Mo 30.11.; Xavier Naidoo: Di 1.12., jeweils 20.00, Color-Line-Arena, Karten ab 41,75 u. a. in den Abendblatt-Ticketcentern unter T. 040/30 30 98 98