Mit Warnhinweisen aus dem Off beginnt der Abend mit Juli Zeh und Slut im Grünspan. In den Gesichtern des Publikums steht kurz Verwirrung: Ist das ernst gemeint?

Hamburg. Doch spätestens als die Stimme aus dem Off darauf hinweist, dass keine alkoholischen Getränke konsumiert werden dürfen und die Handys stumm- statt ausgeschaltet werden sollen, damit der Verfassungsschutz ihren Standort bestimmen könne, wird deutlich, dass man selbst schon Teil der Show ist. Juli Zehs neuer Roman "Corpus Delicti" entwirft die das Schreckensbild einer Gesundheitsdiktatur in der nahen Zukunft: Angst und Vorsicht prägen das Motto "Achtung - Leben kann zum Tode führen"; jeder Schritt wird dokumentiert.

Die Instrumente auf der Bühne sind weiß verkleidet und schaffen mit weiteren Leinwänden viel Platz für Projektionen von Landschaften und Stimmungsbildern. Diese Bilder sind so beklemmend wie der Text. Wirre Zeichenstriche, Nahaufnahmen, Krankheitswarnungen.

Juli Zeh und die fünf Musiker stehen oft im Dunkeln, lediglich der Lesende wird reihum beleuchtet, meistens Juli Zeh und Slut-Sänger Christian Neuburger. Der ist in der Rolle des melancholischen Denkers Moritz Holl mit seiner aufgeregten Art gut aufgehoben. Als dessen Schwester Mia liest die Juristin Zeh klar, kühl und stets mit Nuance Sarkasmus.

Wie sehr die Genres in dieser Performance zusammenfallen, sieht man, wenn Juli Zeh über die DNA spricht und das Ahhhhh lang zieht und in Gesang verfällt. Dazu kommt drückende Rockmusik von Slut, untermalend, vertonend, dann ganz für sich. Was auf den Plakaten schlicht als Lesung angekündigt wurde, ist live viel mehr: theatrale Inszenierung, Installation, und Konzert, aber auch politisches Wachrütteln.