Ab und zu muss es Schweinsbraten sein, und der FC Bayern München fehlt ihm. Sonnabend singt er in “La Traviata“.

Hamburg. Mit seinem dichten, schwarzen Haar und den dunklen Augen unter kräftigen Brauen könnte man ihn glatt für einen Latin Lover halten. Aber ganz so weit aus dem Süden kommt er nicht: Wilhelm Schwinghammer - den Freunde und Kollegen schlicht "Willi" nennen - ist ein bodenständiger bayerischer Bass aus Vilsbiburg im Landkreis Landshut. Beim Treffen im Restaurant Franziskaner in den Colonnaden bestellt er stilecht Schweinsbraten mit Semmelknödel und ein Radler. "Aber auf Dauer wäre mir diese Kost zu deftig", sagt er mit kerniger Stimme und rollendem R, "meistens esse ich lieber etwas leichter, zum Beispiel in einem Fischrestaurant."

Nach sechs Jahren an der Staatsoper Hamburg - die ersten zwei davon im Opernstudio - ist die Assimilation also schon ziemlich weit fortgeschritten. "Die Hamburger sind scho' recht; außerdem stammt meine Freundin von hier, und im Sommer gibt's ja sogar ein paar ganz schöne Biergärten. Nur die bayerische Gemütlichkeit fehlt mir manchmal. Und ich würd die Spiele von Bayern München gern nicht nur im Fernsehen anschauen."

Der Fußball ist ein wichtiges Thema für den "Kicker"-Abonnenten. Deshalb war er auch ein bisschen stolz, als er letztes Jahr zur Eröffnung der Bundesliga-Saison 08/09 in der Münchner Allianz-Arena die Nationalhymne gesungen hat. "Da war ich nach Paul Potts dran - und wurde vom Stadionsprecher als Tenor angekündigt", sagt Schwinghammer mit ungläubigem Lachen.

Auftritte mit prominenten Kollegen ist der 32-Jährige gewohnt; nicht nur durch sein Engagement in Hamburg, sondern auch durch die gefeierte Salzburger "Traviata" aus 2005, in der er den jungen Dr. Grenvil gab - an der Seite von Sopransuperstar Anna Netrebko: "Eine echte Ausnahmekünstlerin und total liebe Kollegin. Sie arbeitet hoch konzentriert - und kann trotzdem auch mal richtig Blödsinn machen."

Die Mischung aus Professionalität und Lockerheit findet Schwinghammer auch für sich selber erstrebenswert: "Gerade als Bass ist es wichtig, entspannt zu bleiben, sonst funktioniert die Tiefe nicht, das muss schwingen wie ein Kontrabass. Auf der anderen Seite braucht man auch einen gewissen Biss für die Höhe. Aber es darf nie verkrampft werden. Ich finde, unser Beruf sollte immer eine spielerische Komponente behalten. Wie beim Fußball: Trainieren ist wichtig. Aber es muss auch Spaß machen."

Da hat der ehemalige Regensburger Domspatz und Schüler von Harald Stamm offenbar ein gutes Erfolgsrezept gefunden, denn bisher ging es für ihn stetig voran: Nach den kleineren Opernstudio-Partien der Anfangszeit konnte er sich als Gast auf den Bühnen in Kiel, Flensburg und Lübeck allmählich an größere Rollen heranpirschen; diese Saison debütiert er in Hamburg als Sarastro, Leporello und Figaro. Und beim renommierten ARD-Musikwettbewerb in München hat er Mitte September einen zweiten Preis gewonnen. "Das war schon echt stressig, weil ich zu der Zeit auch in Hamburg Vorstellungen hatte und innerhalb von zwei Wochen siebenmal hin- und hergeflogen bin. Aber es hat sich gelohnt. Im Finale war meine Stimme leider ein bisschen angeschlagen."

Schon so ist es ein Riesenerfolg mit Anschlusstrubel; Schwinghammer hat viele Interviews gegeben und Visitenkarten zugesteckt bekommen. Er weiß das einzuschätzen: "Es bringt nix, von der Met zu träumen, wichtig ist das Tagesgeschäft. Ich versuche einfach, meine Leistung hier zu bestätigen. Und freue mich, wenn ich noch ein paar Jahre in Hamburg bleiben darf."

La Traviata Sa 10.10., 19.30, Staatsoper, Eintritt 4 bis 83 Euro.