Sie fand keinen Verlag und machte sich selbstständig: Heute ist Gabriele Fischers “brand eins“ längst eine Institution.

Hamburg. An den blauen Teppichboden konnte sie sich noch erinnern. Als Gabriele Fischer zuletzt in den Büroräumen im zweiten Stock des Pressehauses am Speersort war, lag er dort schon. Damals, es muss 1991 gewesen sein, hatte hier die Redaktion des "Manager Magazins" ihren Sitz. Sie arbeitete für das Blatt als Redakteurin. 18 Jahre später ist die Journalistin an ihren alten Arbeitsplatz zurückgekehrt - diesmal jedoch als erfolgreiche Unternehmerin.

Vor zehn Jahren hat Fischer zusammen mit zwei Investoren das Wirtschaftsmagazin "brand eins" gegründet. Und dass sie den Sprung in die Selbstständigkeit wagte, hat ganz wesentlich mit ihrem einstigen Arbeitgeber zu tun. Für den Spiegel-Verlag, dem das "Manager Magazin" gehört, hatte sie 1998 den Wirtschaftstitel "Econy" entwickelt. Weil die Auflage des Blattes nicht den Erwartungen des Verlages entsprach, wurde es bereits nach zwei Ausgaben eingestellt.

Fischer hätte danach zurück zum "Manager Magazin" gehen können. Doch sie glaubte an "Econy" und gewann einen Fachverlag aus Mainz als neuen Herausgeber. Die Mainzer waren jedoch nur scharf auf die Titelrechte: Nach kurzer Zeit trennten sie sich von Fischer und ihrer Redaktion.

In dieser Situation tat die Journalistin etwas höchst Ungewöhnliches: Sie suchte und fand zwei Investoren, belieh ihre Eigentumswohnung, kündigte ihre Altersversorgung und gründete "brand eins". Bei der Namensfindung stand die erste Redaktionsanschrift Brandstwiete 1 Pate.

"In den ersten fünf Jahren haben wir oft nicht gewusst, ob die nächste Ausgabe erscheint", sagt Fischer. Anfangs hielt sie sich und die Redaktion vor allem durch die Produktion von Kundenmagazinen über Wasser. Heute aber gilt "brand eins" als einer der größten publizistischen Erfolge der letzten Jahre. Von keinem anderen Wirtschaftstitel werden am Kiosk mehr Exemplare verkauft. Nur das "Manager Magazin" kann da noch mithalten.

Inhaltlich ist das Blatt ohnehin ein Solitär. In keinem anderen Titel finden sich so ausgeruhte Reportagen und so brillante Analysen zum Verhältnis von Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Jede Ausgabe steht unter einem Leitmotiv wie "Arbeit", "Stadt" oder "Besitz". Das November-Heft widmet sich dem "Denken", weil Fischer findet, dass "in Zeiten, in denen selbst das Wetter gefühlt wird", dieses Thema wichtig ist. Es wird um die moderne Wissensgesellschaft gehen.

Natürlich hat auch die Wirtschaftskrise bei "brand eins" Spuren hinterlassen. Die Magazingründerin rechnet damit, "dass wir dieses Jahr knapp unterhalb der schwarzen Null liegen werden". Das schreckt sie allerdings nicht sonderlich. Nur wenige Monate nach Gründung von "brand eins" platzte die New-Economy-Blase. "Wenn man schon mal eine Krise mitgemacht hat", sagt Fischer, "reagiert man nicht so schnell panisch."

Für die neuen schicken Büros, die der Hamburger Designer Peter Unzeitig gestaltet hat, war ohnehin genug Geld da. Den alten blauen Teppichboden hat er durch einen Steinteppich ersetzt - kleine Kiesel, die mit Silikon versiegelt wurden. Die "brand eins"-Chefin hat nämlich "einen Horror vor Teppichböden".