Mensch, Tom, wir hätten dich gerne gezeigt, ehrlich, in all deiner nicht mehr kolorierten grauen Löckchenpracht und mit deinem Tigerlächeln im tränensackbefreiten Gesicht. Schließlich kommst du heute Abend bei uns in Hamburg vorbei, und auch wenn das nicht mehr viele so sehen: Du bist ein Großer.

Hamburg. Vielleicht kannst du auch gar nichts dafür, dass dein Management sich so danebenbenimmt. Aber nachdem wir mitbekommen haben, dass Fotografen, die dich auf deinem Konzert im CCH ablichten wollen, einen Knebelvertrag unterschreiben müssen, ist uns irgendwie alle Lust auf ein Foto von dir vergangen. Darum bleibt die Fläche links neben diesem Text heute mal frei; vielleicht inspiriert sie deine Fans zum Ausmalen?

"Wenn vom Management angefragt, hat Tom Jones das Recht, kostenlos jedes beliebige veröffentlichte Foto umsonst zu seinen Werbezwecken zu verwenden", steht in dem Vordruck, den die Fotografen unterzeichnen sollen. Und weiter: Agenturfotografen sind "absolut" nicht zugelassen, freie Fotografen dürfen "nur im Auftrag einer Zeitung arbeiten, das Urheberrecht an ihren Bildern muss bei der jeweiligen Zeitung bleiben". Geht's noch, Tom? Weißt du, Bergarbeitersohn aus Wales, ehrliche Arbeit nicht mehr zu schätzen?

Am Ende steht: "Die ersten drei Songs, ohne Blitz". An diese Einschränkung sind die fotografierenden Profis in der Löwengrube vor dem Tigerfreigehege, aus dem du die CCH-Bühne heute machen wirst, längst gewöhnt. Aber heute kommt keiner von ihnen. Höchstens manche Damen werden ihre Handys zücken und dich knipsen, wie du die Dessous aufhebst, die sie dir auf die Bühne werfen, immer noch, nach all den Jahren.

Ich soll Sie gefälligst Sir Tom Jones nennen? Okay. Meine Verehrung für Ihre Lebensleistung, Sir. Sie sind ein fantastischer, leidenschaftlicher Soulsänger. Ihr mit 68 Jahren veröffentlichtes Debüt als Songwriter "24 Hours" hab ich mir letztes Jahr gekauft. Sie wissen es längst besser, aber singen tun Sie immer noch so, als sei das Leben eine einzige, irre aufregende Party. Ihre Unvernunft und Lebensfreude sind mir lieber als die Vernunft und Lebensblässe vieler der Jungen. Machen Sie's gut heute, Sir, unbehelligt von meinen fotografierenden Kollegen.

Knebelverträge für Fotografen? Dann bleibt der Platz fürs Foto eben leer.