Marie Bäumer und Stefan Kurt spielen im Film von Andreas Kleinert ein Paar, das sich auseinandergelebt hat.

Süß-bittere Brahms-Musik schwappt ans Ohr. Eine Erinnerung an den Kino-Klassiker "Lieben Sie Brahms?", dessen Leitmotiv die dritte Brahms-Symphonie gewesen war? Regisseur Andreas Kleinert ("Wege in die Nacht", "Mein Vater") verneint: "Ich brauchte einfach eine sehr gefühlsstarke Musik." Aber er räumt ein: "Der französische Film hat mich schon stark beeinflusst." Auch "Haus und Kind" möchte er "französisch" verstanden wissen, mehr angetippt als tiefsinnig problembeladen. Und sein Autor Wolfgang Kohlhaase, dessen Kinofilm "Whisky mit Wodka" (Regie: Andreas Dresen) derzeit im Kino zu sehen ist, ergänzt: "Hier schwingt viel Ironie mit. Das erlaubt eine gewisse Distanz zu den Figuren. Man darf über sie lächeln."

Wobei man, hierin sind sich Autor und Regisseur einig, die gleiche Geschichte auch tieftragisch hätte erzählen können. Ein Mann, Geschichtsprofessor, in den besten Jahren, hat alles. Ansehen, Wohlstand, Karriere. Seine Ehe mit einer attraktiven Frau (Marie Bäumer) scheint zu stimmen. Aber irgendwas fehlt. Sein Darsteller Stefan Kurt: "Man kann sich fragen: Ist der Mann eigentlich blöd? Was will er noch?"

Vielleicht seine dahinschwindende Jugend wieder einfangen. Vielleicht etwas mehr Abenteuer und Aufregung, als ihm seine wohl abgesteckte Welt zu bieten hat. Also legt er sich eine Freundin zu (Stephanie Schönfeld), eine kesse, um einige Jahre jüngere Kellnerin mit intellektuellem Ehrgeiz. Mit ihr hätte er ganz gern ein Kind. Und zusammen mit seiner Frau ein Haus. Es muss eben alles sein, und das, so Kurt, "macht diesen eigentlich so netten Mann auch gefährlich".

Regisseur Kleinert (49) sieht darin auch ein Generationenproblem: "Das sind Menschen, die alles haben, noch mehr wollen, die sagen: 'Ich liebe dich', und zugleich über die Schulter der Partnerin Ausschau nach einer anderen halten, die vielleicht doch noch besser ist." Am Schluss, so Stefan Kurt, steht "ein Scherbenhaufen." Zwar scheint die Ehe leidlich gekittet, "aber ich möchte nicht wissen, wie es mit dieser Ehe weitergeht".

"Haus und Kind", der auf dem Filmkunstfest Schwerin im Mai mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, ist eine tragikomische Alltagsgeschichte, die von der Anstrengung erzählt, glücklich zu leben. Von einem, der sich nicht entscheiden kann, weil beide Möglichkeiten verlockend sind, weil er zwei Frauen gleichzeitig zu lieben glaubt. "Wie man weiß, ist die Dreiecksgeschichte erfunden worden zum Lobe der Monogamie", sagt Autor Kohlhaase. Zwischen Sommer und Winter, Berlin und Ostsee verwickelt er seinen Protagonisten in die alte Geschichte: Was macht ein Mann mit zwei Frauen?

Gedreht wurde in Wittenberg an der Elbe und an der Ostsee auf dem Darß, wo es einmal arg kalt und stürmisch war. Gerade an diesem Tag wurden Szenen an einem Nacktstrand gedreht, und der an der Ostsee aufgewachsene Kleinert fand das gar nicht so dramatisch: "Ich gehe noch bei ganz anderen Temperaturen ins Wasser." Kurt allerdings fröstelt allein schon bei der Erinnerung daran: "Draußen im Meer war ein ganz schöner Sog. Die Kollegin Stephanie Schönfeld als meine Freundin Melanie wurde regelrecht weggetrieben, ein Rettungsschwimmer musste sie wieder an Land ziehen." Dass er selbst bei dieser Szene splitternackt sein musste, hat ihn weniger gestört: "Ich bin ein unverbesserlicher Exhibitionist."