Im Kirchenchor zu Hause in Heide hat ihm beim Singen immer der Hals wehgetan. Und später, auf der Musikhochschule in Hannover, empfand der Horn-Student Klaus Florian Vogt den Chor immer nur als das, was er vier Semester lang per definitionem war: als Pflichtfach, leidiges.

Hamburg. Doch vor ungefähr 15 Jahren, da war Vogt bereits in seinem Traumberuf als Hornist beim Philharmonischen Staatsorchester seiner Traumstadt Hamburg angestellt, ließ er sich breitschlagen, mit seiner Frau auf der Silberhochzeit der Eltern das "Katzenduett" vorzutragen. "Das war nicht meine Idee!", versichert Vogt, als sei die Nummer von Rossini unter dem Niveau des seriösen, weltweit gefragten Wagnertenors, zu dem Klaus Florian Vogt seither in einer beispiellosen Karriere herangereift ist.

Der kleine Auftritt auf der Familienfeier brachte den einstigen Sangesmuffel Vogt ins Grübeln; sollte das Singen am Ende vielleicht noch mehr Erfüllung bringen als das Hornblasen? Frau, Familie und Freunde bestärkten ihn, ein Gesangsprofessor aus Lübeck verriet ihm "Du bist'n Tenor", was Vogt ebenso neu war wie alles andere an seinem offenbar zum Singen geschaffenen Organ. Nun ließ er die Stimme nach allen Regeln der Kunst ausbilden. 1997 ermöglichten ihm die Kollegen im Orchestergraben ein Jahr unbezahlten Urlaub - zum Ausprobieren. Der damalige Hamburger Opernintendant Albin Hänseroth ließ den stellvertretenden Solohornisten Vogt mit den Worten ziehen: "Sie wollen ja nicht Postbote werden, sondern Sänger." Vogt ging ins Engagement nach Flensburg, und schon bald wusste er: Das macht wahnsinnig viel Spaß. Eine Weile rangen der Sicherheitsdenker und der Selbstverwirklicher in ihm. Konnte er es wagen, als Vater von drei Kindern die Horn-Stelle auf Lebenszeit für eine Sängerkarriere mit höchst ungewissem Verlauf aufzugeben? "Doch da war für mich der Zug zurück ins Orchester längst abgefahren", erinnert sich Vogt. Fünf Jahre lang reifte er noch im Ensemble der Oper Dresden zum Sängerdarsteller heran, seit 2003 singt er frei. Am Sonntag gibt Vogt in der Wiederaufnahme von Wagners "Lohengrin" in der Inszenierung von Peter Konwitschny als Schwanenritter sein Rollendebüt an der Staatsoper.

Behutsam entwickelt er sein Repertoire, und der Terminplan des frei schaffenden jugendlichen Heldentenors mit Engagements an den führenden Opernhäusern der Welt gehorcht dem Prinzip der Stimmschonung. Das Beispiel des Kollegen Rolando Villazon, der seine Stimme zu früh zu sehr verausgabt hat, "das hab ich natürlich im Hinterkopf". Er verordnet sich Pausen, Erholungsphasen, Ruhe: "Das gehört zum Schwersten als Sänger: Geduld haben, sich Zeit geben. Denn von Natur aus bin ich ein unruhiger Mensch, ich will immer weiter und vorankommen."

Die Gagen gestatten ihm einen Luxus, den man dem bescheiden auftretenden Mann nicht ansieht. Vogt fährt Harley, zu Proben und Gastspielen innerhalb Europas reist er im edlen Wohnmobil an. "Ich muss wohl einen Zigeuner unter meinen Vorfahren haben", scherzt er. Auch sein einmotoriges Flugzeug steuert er selbst. Rund 200 Nächte im Jahr verbringt er inzwischen berufsbedingt fern von Brunsbüttel. Dort lebt Klaus Florian Vogt mit seiner Frau, deren Hohelied er mindestens ebenso glaubwürdig singt wie den Parsifal, den Florestan oder den Lohengrin, und mit "meinen Jungs", vier Söhnen im Alter zwischen zwei und 16 Jahren. Die Familie ist Vogts feste Burg; ein standesgemäßes Seelenzuhause für einen fahrenden Ritter.

Lohengrin, So 16 Uhr, Hamburger Staatsoper, Restkarten an der Kasse.