Wie nur wenige Regisseure hat Jan Lauwers mit der Needcompany die flämische und europäische Theaterszene beeinflusst.

Hamburg. Trotz weltweiter Erfolge auf Bühnen zwischen Avignon, Salzburg, Paris und New York kann er als ein Musterbeispiel für das Verkennen und Unterschätzen internationaler Theaterkunst hierzulande und speziell im "kosmopolitischen" Hamburg gelten. Beim Sommerfestival auf Kampnagel zeigt Lauwers ab heute "Das Hirschhaus".

Zur Erinnerung: Tom Stromberg wagte zum Start 2000 am Schauspielhaus eine Präsentation von Needcompanys "King Lear". Sie löste einen Proteststurm aus. Abonnenten grollten: "Das gehört doch nach Kampnagel!" Mit anderen Worten: in die Exotenecke der Experimente und Off-Szene. "Wir waren damals zu schnell im Versuch, die Dinge zu ändern", gibt Lauwers zu. "Die Früchte kamen später, die Einladungen zu den Salzburger Festspielen oder der Ruhrtriennale."

An der Haltung, zwischen Spielorten und den dafür "passenden" konventionellen oder alternativen Theaterformen zu differenzieren, hat sich jedoch wenig geändert. Kategorien, die Lauwers nicht gelten lässt: "Für mich gibt es nur gutes und schlechtes Theater." Er macht das Stadttheatersystem für das Schubladendenken verantwortlich. "Wie in England und Frankreich liegt auch hier der Fokus auf dem Repertoire-Theater. Nach 20 Jahren erfolgreicher Arbeit bin ich dort noch immer nicht 'offiziell' als Regisseur akzeptiert. Nicht, dass es mein Ziel wäre, aber ich finde es komisch."

Vielleicht, weil er auch seine Stücke selbst schreibt, den Raum gestaltet und inszeniert? "Diese Arbeitsteilung am Staatstheater finde ich lächerlich." Nebenbei bemerkt: Die "Projektarbeit" hat auch dort längst Fuß gefasst. Worin Lauwers recht hat: "Mit weniger Geld machen wir bessere Produktionen." Zudem benötige er nicht diesen Aufwand, reist nicht mit 50, nur mit 17 Leuten an. "Auf ökonomischer Ebene sind wir flexibler und schneller, auf der künstlerischen langsamer, nehmen uns mehr Zeit zum Entwickeln der Produktionen."

Lauwers macht Theater, das seine Mittel ständig reflektiert, die Annäherung an die Menschen sucht: in der Arbeit mit den Schauspielern wie in der Kommunikation mit dem Publikum.

Übrigens: Der neue "Burg"-Chef Matthias Hartmann hat ihn als "Artist in Residence" nach Wien geholt. An die Hochburg der Bühnenkunst. Der längst fällige Ritterschlag für Regisseur Jan Lauwers?

Das Hirschhaus 27.-29.8., 20 Uhr, Kampnagel, T. 27 09 49 49