Zigaretten sind nicht bloß Sucht-, sondern auch Stilmittel, zumindest, was den Film anbelangt. Aber die Zeiten haben sich geändert.

Hamburg. Die wohl verführerischste Zigarettenszene beginnt mit einem lasziven Lächeln von Lauren Bacall und der betont gelangweilten Frage "Anybody got a match?" - was blieb Humphrey Bogart, 1944 in "Haben und Nichthaben", anderes übrig, als der Frau mit der rauchig-sinnlichen Stimme, die im Hotelzimmertürrahmen lehnte, ein Streichholzpäckchen zuzuwerfen. 1918 gelang Pola Negri in Ernst Lubitschs "Carmen" der internationale Durchbruch. Mit einer Zigarette. Es rauchten betörend Rita Hayworth als "Gilda" und Marlene Dietrich; Marlon Brando in "Endstation Sehnsucht" oder "Der Pate", Frank Sinatra und Dean Martin. Und jenseits von Hollywood Jeanne Moreau, Jean-Paul Belmondo, Alain Delon und Marcello Mastroianni.

Rauchen im Kino stand einst für Coolness, Freigeist, Eleganz. Heute qualmen auf der Leinwand weniger Sexsymbole und Diven, harte Kerle und betörende Frauen, sondern vermehrt Bösewichte, Freaks und psychisch Labile. Oder, wie es in Jason Reitmans Satire "Thank you for smoking" heißt: "Wenn überhaupt, dann rauchen nur noch Psychopathen und Europäer."

Eine "87-minütige Gauloises-Werbung", nannte der "Spiegel" Jean Luc Godards "Außer Atem", der 1960 in die Kinos kam und in dem sich Belmondo jede neue Filterlose mit der Glut der alten Kippe ansteckt. Eine einzige Zigarettenorgie. Und nur ein Independent-Filmemacher wie Jim Jarmusch traut sich dieser Tage einen Kinofilm zu drehen, der das Rauchen schon im Titel trägt: "Coffee and Cigarettes" (2004). Und in dem dann auch nichts weiter passiert, als dass Menschen endlos Kaffee trinken, rauchen und reden. Man muss dazu sagen, es handelt sich bei den Menschen um Bill Murray, Steve Buscemi, Cate Blanchett. Das Schöne am Nichtrauchen, stellen Tom Waits und Iggy Pop in einer Episode fest, sei, sich immer mal eine anstecken zu können - was sie dann natürlich tun.

Alain Resnais hat im selben Jahr in "Smoking/No Smoking" davon erzählt, dass manchmal eine einzige Zigarette genügt, um dem Leben einen völlig anderen Verlauf zu geben. Und George Clooney ging im Politthriller "Good Night and Good Luck" zurück in die McCarthy-Ära, um Rauch und Freigeist zu beschwören. Der einzige Film, so Clooney, dessen Set man nicht verlassen musste, um sich eine anzustecken. Derzeit zeigt die US-Fernsehserie "Mad Men", wie elegant ununterbrochenes Rauchen zu ungezählten Martinis wirken kann. Die Serie spielt, kein Wunder, in den frühen 60er-Jahren.

3sat zeigt heute um 20.15 Uhr die Dokumentation "Aufstieg und Fall des blauen Dunstes".