Hape Kerkeling alias Horst Schlämmer stellte “Isch kandidiere“ vor. Mit seiner Polit-Satire ist er nah dran am realen Alltag und dem ganz normalen Wahlkampf.

Hamburg. Sind es 60, 70 oder 80 Prozent der Deutschen, die Günther Jauch zum Bundespräsidenten wählen würden, wenn sie es könnten? Warum also nicht Horst Schlämmer als Bundeskanzler, Deutschlands bekanntester Journalist?

Das hat sich wohl Hape Kerkeling auch gedacht und zieht mit seiner beliebtesten Figur, Horst Schlämmer, in den Wahlkampf. Schlämmer ist zwar weniger real als Jauch, aber ebenso beliebt. Gestern stellte er in Berlin sein Wahlprogramm vor. "Schauplatz" der "Wahlkampf-Pressekonferenz der anderen Art" war eine Hotelhalle, wo laut Kerkeling eine - von einem Fernsehsender sogar live übertragene - "Bundespressekonferenz" über die Bühne ging. 200 Journalisten konnten hinterher sagen: "Weißte Bescheid."

Zwar promoted Schlämmer nur seinen neuen Film "Horst Schlämmer - Isch kandidiere", der am 20. August in die Kinos kommt, vieles wirkt aber weniger frei erfunden als manche Polit-Posse. Der stellvertretende Chefredakteur des "Grevenbroicher Tagblatts" hat von seinem Job endgültig genug. Bundeskanzler will Schlämmer werden und einen passenden Slogan hat er auch schon: "Yes Weekend". Das könnte klappen. Ein ähnlich eingängiger Slogan hat schon mal jemandem zum Präsidentenjob verholfen. Und: Wollen wir nicht alle ein bisschen mehr Wochenende? Wenn's dazu doch bloß die Schönwetter-Garantie gäbe. Schlämmer kommt uns so vertraut vor, weil er ein bisschen so ist wie wir alle. Wenn wir albträumen - spießig, sexistisch, schmierig, schmuddelig. Klarsichtig bekennt Schlämmer: "Ich bin nah dran an meinen Wählern. Vor allem an den weiblichen." Und die sind ja bekanntlich in der Mehrzahl. Jeder kämpft für mich allein? In Hapes Fall könnte es so ausgehen und ihm den erhofften Wahlsieg bringen.

Die "HSP" (Horst Schlämmer Partei) hat er gegründet, die sich als konservativ-links-liberal bezeichnet und damit eigentlich gar nicht so sehr von den etablierten Parteien unterscheidet, die ja von all dem auch was bieten. Mal mehr zur einen, mal zur anderen Seite ausschlagend. In Schlämmers Parteiprogramm steht zusätzlich: "Grundeinkommen von 2500 Euro für jeden Bürger, und zwar ab Geburt", "Schönheits-Operationen auf Krankenschein" oder "Schweinegrippe - mit uns nicht". Klingt nach Realsatire? Aber warum sollte das weniger realistisch sein, als vier Millionen Arbeitslose abschaffen zu wollen (SPD), die Errichtung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung festzulegen (Linke), 30 Milliarden Steuerentlastung anzukündigen (FDP) oder eine Rentengarantie(CDU) abzugeben? Schlämmer behauptet: "Schlechter als die anderen bin ich auch nicht" und trifft damit so ziemlich genau das, was nicht nur seine Fans denken.

In Zeiten, in denen Politiker in der Öffentlichkeit dadurch auffallen, dass sie sich trotz Zerknitterung mit 40 Jahre jüngeren Freundinnen ganz verliebt geben (Müntefering) oder für 6000 Kilometer Dienstreisegeld abrechnen, weil sie im Urlaub irgendwo offiziell die Grüß-Else machen (Ulla Schmidt), glaubt man ja vieles, was zum politischen Alltag zählt, sowieso schon nicht mehr. Ganz zu schweigen von Politiker-Geschichten, die man von ausländischen Staatschefs hört. An Berlusconis Pool wurde Latte nicht nur getrunken und gen Italien kann man auch nicht mehr ohne Hintergedanken fahren. Putin zwangsverpflichtet Siegerinnen von Schönheitswettbewerben für seine Partei, und Sarkozy fällt ganz öffentlich in Ohnmacht, weil er sich privat so verausgabt. Wie harmlos ist dagegen Schlämmer, der Grevenbroich zur Bundeshauptstadt machen will, weil er nicht so viel herumreisen möchte. Nur zur holländischen Königin Beatrix will er sofort fahren und mit ihr Kaffee trinken.

Alle lieben Hape, lieben Schlämmer, der immer ein bisschen so aussieht, als ob er verschwitzt riechen würde und eine Alkoholfahne hätte. Mit seinem Kittelmantel über dem drängenden Bauch, dem hässlichen Haus an der Ausfallstraße, dem Seehundbart, der nur sehr unzureichend die schlechten Zähne kaschiert, der Herrenhandtasche, die schon lange kein Witz mehr ist, der Schnappatmung und der tollpatschigen Entschuldigung "Ich hab Rücken" ist er wie ein lieber, nerviger Bekannter. Inzwischen sind "Isch hab Zähne" und "Isch hab Füße" dazugekommen. Auch das kennen wir.

Für Hapes Film hat Rapper Bushido einen "Schlämmer"-Rap erfunden, und der echte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zeigt sich sichtlich überrascht, als Schlämmer ihm erklärt, er wolle mit Angela Merkel ins Fernseh-Duell. Deren Rolle übernimmt Kerkeling im Film dann auch gleich selbst, ebenso die von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und CDU-Generalsekretär Roland Pofalla. Auch wenn noch niemand den Film gesehen hat: Allein sich die Dialekte dieser drei vorzustellen - Schmidt mit ihren lang gezogenen Endungen, Pofalla mit seinem näselnden Schnarren, Merkel mit den berlinerisch weit ausladenden Vokalen -, macht Vorfreude.

Einen Trailer des Films kann man auf www.waehle-schlaemmer.de sehen

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