Mit Annette Dasch hat das Schleswig-Holstein Musik Festival eine Prise Weltstar-Glamour nach Hamburg geholt: Seit dem durchschlagenden Erfolg ihrer Salzburger Haydn-“Armida“ 2007 gilt sie als eines der heißesten Tickets auf dem internationalen Sängermarkt.

Hamburg. Einige Zeitungen wollen in der blonden Berlinerin ausgerechnet eine "deutsche Netrebko" sehen - nun ja. Aber Sopran sind ja tatsächlich beide.

Beim lange ausverkauften Konzert in der Blankeneser Marktkirche stand jetzt allerdings nicht etwa großes Opern-Kino, sondern der intime Liedgesang im Mittelpunkt: Gemeinsam mit ihrer Schwester Katrin am Flügel präsentierte Annette Dasch ein klug ausgewähltes Programm mit Werken von Mendelssohn, Brahms, Haydn und Mahler. Dabei dauerte es ein Weilchen, bis der Auftritt den hohen Anforderungen gerecht werden konnte: In der ersten Hälfte setzte die Sängerin allzu sehr auf die Wirkung ihres glanzvollen Timbres, dessen üppige Strahlkraft den Kirchenraum mitunter an seine akustischen Grenzen führte. Das klang zwar schön, musikalisch und kraftvoll, aber auf Dauer auch ein bisschen einförmig - viel zu selten nutzte Dasch ihre wunderbaren dunklen und weichen Töne so eindringlich wie in der "Unbewegten lauen Luft" von Brahms.

Nach der Pause änderte sich das Bild. Da wirkten beide Interpretinnen fast wie ausgewechselt: In fünf wenig bekannten Haydn-Liedern kosteten sie stimmlich und pianistisch eine viel breitere Ausdruckspalette als vorher aus; kontrastierten fahle und feine Farben mit füllig funkelnden - und erweckten die kleinen musikalischen Geschichten über Totengeister oder kokett lockende Meerjungfrauen plastisch und packend zum Leben. Wenn sie in Rollen schlüpfen und verschiedene Charaktere spielen kann, ist Annette Dasch in ihrem Element - auch deshalb betört sie so viele Opernfans.

Die ambivalenten, mitunter abgründigen Zwischentöne scheinen ihr dagegen (bisher) weniger nahezuliegen: Das zeigte sich auch in den abschließenden Mahler-Liedern, die sie differenziert gestaltete, ohne aber bis in die letzten Tiefenschichten vorzudringen. In der Wunderhorn-Vertonung "Wo die schönen Trompeten blasen" etwa steckt noch erheblich mehr Wiener Weltschmerz, als er hier zu erleben war. So bleibt der Gesamteindruck einer herausragenden Sängerin, die bei der Liedinterpretation gerne noch etwas häufiger auf sanften Schimmer anstatt auf strahlenden Glanz vertrauen dürfte.