Mit Enthüllungen über Nebeneinkünfte nervte er jüngst ARD-Kollegen. Künftig dreht Kuno Haberbusch Dokus.

Hamburg. Der Chef als Zocker mit dem Wettschein in der Hand - so hatten ihn die Kollegen noch nicht erlebt. Vor 14 Tagen hatte Kuno Haberbusch sein Team auf die Trabrennbahn in Bahrenfeld gebeten. Es war so etwas wie sein vorweggenommener Ausstand, denn am 1. August wird der Redaktionsleiter des Medienmagazins "Zapp" und der Satiresendung "Extra 3" beide Redaktionen verlassen. Der Ausflug bot eine der wenigen Gelegenheiten, den Privatmann Haberbusch kennenzulernen.

Eigentlich ist Haberbusch so etwas wie ein Privatleben fremd. Wer in seinem Büro den Blick über den mit Papieren, Zeitungen und Kassetten bedeckten Schreibtisch zum Fensterbrett schweifen lässt, merkt das sofort. Da, wo andere Bilder ihrer Lieben aufgestellt haben, steht bei Haberbusch ein Foto der Redaktion. Zeit, eine Familie zu gründen, hat er nie gehabt.

Nun, da er 54 Jahre alt ist, wird ihm bewusst, dass es so nicht weitergeht. Nicht dass er etwas bereuen würde: "Ich habe bisher ein wunderbares Berufsleben gehabt", sagt Haberbusch. Aber bereits vor einem Jahr merkte er, dass ihm die Verantwortung für zwei Wochenmagazine zu viel wurde. Eigentlich wollte er bei "Zapp" und "Extra 3" schon damals aufhören.

Doch das ging aus politischen Gründen nicht. Denn Haberbusch ist nicht nur ein arbeitswütiger, sondern auch ein sehr unabhängiger Journalist, der keinerlei Scheu hat, dem eigenen Sender, aber auch anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten, vors Schienbein zu treten. Da vor einem Jahr NDR-Intendant Lutz Marmor frisch im Amt war, hätte die Versetzung eines so unbequemen Journalisten jedoch so ausgesehen, als wolle der Neue ein Exempel statuieren.

So hängte Haberbusch also noch ein Jahr dran - und eckte beispielsweise beim Hessischen Rundfunk mit einem kritischen "Zapp"-Beitrag über den Sparkurs des Senders an. Zuletzt brachte er fast alle öffentlich-rechtlichen Anstalten gegen sich auf, als in einem "Zapp"-Stück enthüllt wurde, dass prominente Moderatoren von ARD und ZDF wie Claus Kleber, Tom Buhrow und Anja Kohl mit fragwürdigen Auftritten für Firmen und Verbände Honorare von bis zu 20 000 Euro einstreichen.

Als seinen größten Scoop bei "Zapp" bezeichnet Haberbusch die Enthüllung, dass die Bestsellerautorin Senait Mehari ("Feuerherz"), anders als von ihr behauptet, wohl keine eritreische Kindersoldatin war. Abermals gab es Ärger: Mehari, die auch Sängerin ist, hatte in der ARD Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten. Zudem produzierte zum Zeitpunkt der Enthüllung der Bayerische Rundfunk gerade die Verfilmung von "Feuerherz".

Braucht man Mut, um immer wieder gegen den Stachel zu löcken? Haberbusch hasst diese Frage: "Ich habe keinen Mut", sagt er. "Ich mache nur meinen Job. Ich bin beim NDR fest angestellt. Das ist dem Beamtenstatus ähnlich." Was er sich und anderen Journalisten abverlange, sei lediglich "Haltung". So gesehen, hat er "Zapp" zu einer medienethischen Instanz gemacht.

Entdeckt wurde dieser ungewöhnliche Journalist von Stefan Aust Anfang der 1980er-Jahre. Damals war Haberbusch, der zuvor beim "Badischen Tagblatt" im heimatlichen Rastatt volontiert hatte, so etwas wie der Sprecher der Berliner Hausbesetzerszene. Der spätere "Spiegel"-Chef holte ihn zum NDR-Magazin "Panorama", bei dem er selbst arbeitete. Die Freundschaft der beiden zerbrach, als Haberbusch 1988 trotz eines bereits unterschriebenen Vertrags Aust nicht zu "Spiegel TV" folgte. Stattdessen blieb er 19 lange Jahre bei "Panorama", die letzten sieben als Redaktionsleiter.

Künftig wird Haberbusch als erster Redakteur der Abteilung Dokumentation und Feature wirken. Ideen hat er für den neuen Job jede Menge. Er will Dokumentationen über das leckgeschlagene Atommülllager Asse, die marode HSH Nordbank, das Pannen-Kernkraftwerk Krümmel und den Zoff zwischen VW und Porsche drehen.

Nun droht aber erst mal der Horror Vacui. Haberbusch hat sich eine Auszeit bis zum 1. November genommen. Er will sich um seine Mutter kümmern. Und sonst? Er überlegt. Dann sagt er: "Ich werde endlich mal wieder ausführlich Zeitungen lesen."