32 Jahre lang hat Fritz Reiss, Fotograf der Nachrichtenagentur AP, das politische Geschehen Deutschlands mit seiner Kamera festgehalten.

Berlin. Gestern verabschiedete ihn die Kanzlerin persönlich mit Handschlag in den Ruhestand: "Das hatte ich nicht vermutet", sagte Reiss, der im August 65 wird, anschließend zum Hamburger Abendblatt. "Sie hat gesagt: ,Wir kennen uns doch schon lange!' Das stimmt zwar, aber dass sie das gemerkt hat, ist ja nicht unbedingt üblich."

Fritz Reiss weiß, wovon er spricht, schließlich hatte er sämtliche Kanzler der Bundesrepublik vor der Kamera: "Adenauer allerdings nur bei dessen Beerdigung." Helmut Schmidt sei immer besonders angenehm gewesen, verrät Reiss: "Der sah selbst dann noch gut aus, wenn er sich seinen Schnupftabak verabreicht hat." Heute vermisst er "diese Urgesteine wie Wehner, Brandt oder Strauß. Das waren noch Gesichter!" Schwieriger sei sein Job erst seit der Ära Kohl geworden: "Bei einer Staatsreise nach Israel ist Kohl einmal in den Raum gekommen und hat genervt gesagt: ,Hier sind ja mehr Fotografen als Menschen!'"