Der US-Sänger präsentierte traurige Balladen und fröhlichen Rock 'n' Roll mit ganz viel perfekter Musikalität.

Hamburg. Er sieht aus wie ein Riese, ein Holzfäller vielleicht. Er singt wie ein Engel, mit einer Stimme aus Samt, die jeden elegischen Melodiebogen auskostet. Mit einschmeichelnden Worten, die auch die warm angezogenen Fans im Stadtpark in sanfte, melancholisch-fröhliche Sommerstimmung versetzt. James Taylor, König der Singer/Songwriter, seit 40 Jahren und mit 40 Millionen verkauften Platten im Geschäft, mit fünf Grammys und allen Ehrungen versehen, die das Popgeschäft kennt, gab am Donnerstagabend ein hinreißendes Konzert im Stadtpark, bei dem sogar das Wetter mitspielte.

Wer von den denjenigen, die heute im Alter 50+ sind, wäre nicht als junger Mann gerne so ein Typ wie James Taylor gewesen, mit Gitarre, langen Haaren und Liedern, die 90 (oder 100?) Prozent aller Mädchenherzen zum Schmelzen bringen? Und welche der Frauen hätte damals nicht davon geträumt, einen Freund zu haben, der so bittersüß und hingebungsvoll von der Liebe singen kann wie in "Don't Let Me Be Lonely Tonight" oder "Secret Of Life"? Aber hier gab's kein Treffen der Hippie-Generation, die sich vergewissern wollte, dass Taylors stark autobiografisch gefärbte Texte auch das Auf und Ab ihres eigenen Lebens beschreiben. Auch die jüngeren Fans zeigten sich am Ende hingerissen von Taylors Musikalität, seinem exzellenten Gitarrespiel, seinem zärtlichen Bariton und der witzigen, mit deutschen Brocken gemixten Conference - "wollen wir wirklich ein Lied wie 'Down In The Hole' hören? Das deprimiert doch nur" - und dem grandiosen Harmonieverständnis seiner Songs.

Zu Beginn ging's allerdings etwas schwerblütig los. Zu Country-lastig war der erste Teil. Außer "Country Road" (noch mal Country) und "Everyday" spielte Taylor kaum Eigenes. Zumal noch Coverversionen, etwa von den Temptations und Glen Campbell, dazukamen. Wer auf "Handy Man" gewartet hatte, guckte in die Wolken, aus denen es glücklicherweise kein bisschen regnete. Doch mit "You've Got A Friend" gefolgt von "Mexico" brach dann echte Begeisterung aus. Fast kindlich wirkte die Freude Taylors, wenn er sich erlaubte, den Rockmusiker zu geben, er hüpfte, wechselte von der akustischen zur E-Gitarre. Aus dem Musiker, der in jungen Jahren schwere Drogenprobleme hatte, der so traurig-liebkosend von schmerzhaften Reisen in sein Inneres erzählte, dass jeder Hörer sich getroffen fühlte, ist inzwischen ein heiterer Musiker mit verloren gegangener Haarpracht geworden, der jetzt auch so aussieht wie der Arztsohn, der er immer gewesen ist. Frisch und mit der Zuverlässigkeit einer Jukebox perlte er einige seiner größten Hits raus, "Steamroller", "Shower The People", "Smiling Face" "How Sweet It Is" und "Walking Man". Begleitet wurde er unter anderem von seinen langjährigen Musikern Steve Gadd (Schlagzeug), Larry Goldings (Keyboard), Jimmy Johnson (Bass) und Michael Landau (Gitarre) sowie dem virtuosen Background-Sänger Arnold McCuller.

"Sweet Baby James" und "Fire and Rain", die 1969 Taylors Karriere begründeten, die ihn aufs Cover von "Time Magazin" brachten, sang er so heiter und entspannt, als hätte er sie eben erst erfunden. Die dunklen Phasen seines Lebens, die er für seine Fans in seinen Liedern lebendig werden ließ, als hätten sie sie selbst erlebt, scheinen nur noch eine wehe Erinnerung. Übrig geblieben ist der Musiker mit unzerstörbar gutem Kern, der die schlichte Schönheit des Alltags preist. Wie schön, mitreißend und virtuos er das kann.

Elegant und höflich verabschiedete er sich und sprang dann von der Bühne ins Publikum, um eine halbe Stunde Autogramme zu geben und zu plaudern. Wie gut, dass man an "Baby James" so nah dran sein wollte. Da konnte man hören, wie er sagte, dass er bald wieder kommen will nach Hamburg. Und zwar mit Carole King.