Jeden Montag ist Sprechstunde. Jeden Montag kommen und gehen angehende Künstler zu Achim Hoops, der “Lehrkraft für besondere Aufgaben“ in der Hochschule für bildende Künste (HFBK). Sie zeigen ihre Arbeiten, stellen sie zur Diskussion und hoffen auf viele Credit Points von Lehrern und Professoren.

Hamburg. So heißen die begehrten Sammel- und Ausbildungspunkte, seitdem die Schule 2008/09 auf das Bachelor-Master-System umgestellt hat. Der erste Jahrgang stellt jetzt auch öffentlich aus - heute öffnet die Jahresausstellung, die Leistungsschau der HFBK.

Achim Hoops ist eine von sechs Lehrkräften, die die Erstsemester in Grundklassen empfangen. Er selbst ist für Malerei verantwortlich, in anderen Klassen liegt der Schwerpunkt auf Skulptur oder zeitbezogenen Medien. Schon früh werden die Eleven auf diese Weise kanalisiert - für Hoops keineswegs ein positives Leistungsmerkmal des neuen Ausbildungssystems. Allerdings, schränkt er ein, steht die frühe Einteilung der Ausbildung in inhaltliche Stränge bislang nur auf dem Papier. Er selbst versucht den Unterricht möglichst breit zu fächern. Mit Fragen, die sich simpel anhören, es aber nicht sind. Sie lauten: "Farbe, was ist das?" oder "Was ist ein Bild?", gehen aber in philosophische Tiefen, wenn Hoops seinen Studenten etwa Hans Jonas' Aufsatz "Homo pictor" zur Diskussion stellt.

Das neue System garantiert einen Ausbildungsplatz, keineswegs aber einen schulinternen Arbeitsplatz. Denn nachdem die Grundklasse absolviert wurde, können die Studenten nur bei üppigem Credit-Points-Segen in Fachklassen aufsteigen, was ihnen eine Art Arbeitsplatz garantiert. Wer dies nicht schafft, muss sich zu Hause in der Küche oder an einem anderen Ort Arbeitsraum beschaffen. Hört sich drastisch an, doch so weit ist es noch nicht. Hoops hofft auf eine möglichst breite Anpassungsflexibilität des neuen Systems. Sollte dies aber nicht gelingen, so fürchtet er, droht frühes Konkurrenzverhalten unter den Studenten.

Als einzige Kunsthochschule in Deutschland hat sich die HFBK für das Bachelor-Master-System nach Empfehlung des Bologna-Abkommens entschieden. Damit hat sie wortwörtlich einen Kunstgriff gemacht. Nach außen hin nennt sich jetzt alles Kunst, was früher in Fachbereiche wie zum Beispiel Visuelle Kommunikation aufgeteilt wurde. Möglichst viele Ausbildungen konnten somit offiziell im Zeichen der bildenden Kunst im Haus gehalten werden.

Nicht nur die neue Ausbildung, auch die Einführung von Semestergebühren und das Hochschulrahmengesetz haben die Situation der Studierenden sowie der Lehrenden erheblich geändert. Professoren auf Zeit sind nun auch vom Urteil der nicht befristeten Professoren abhängig, wollen sie entfristet werden. Eine Maßnahme, die nicht unbedingt Unabhängigkeit, freiem Denken und Enthierarchisierung förderlich ist.

Noch aber sind mögliche Auswirkungen des Systemwechsels eher hypothetischer Natur. Schlimmstenfalls, so Kritiker, drohen Verschulung, Hierarchisierung und die Orientierung an einem Rating-System - die Reduzierung der Hochschule zur reinen Ausbildungsstätte für erfolgreiche Galeriekünstler.

Jahresausstellung Eröffnung heute, 18 Uhr, bis 12. Juli, täglich 14 bis 20 Uhr, HFBK, Lerchenfeld 2. Neben der Jahresausstellung in der Schule zeigen Studenten ihre Arbeiten auch in den Gewächshäusern in Planten und Blomen (noch bis 19. Juli).