Ein Provokateur mischt erfolgreich eine langjährige Beziehung auf.

Tragikomödie: Ein fliehendes Pferd. 20.15 Uhr ZDF

Fernsehen und Kino sind keine Gegner mehr, sondern Partner. Koproduktionen waren die großen Gewinner beim Deutschen Filmpreis (an "Chiko", "Fleisch ist mein Gemüse" oder "Der Architekt" ist beispielsweise der NDR beteiligt), Gelder von TV-Anstalten stocken die Budgets so mancher Kinofilme auf.

So auch bei Rainer Kaufmanns Tragikomödie "Ein fliehendes Pferd", die vor eineinhalb Jahren in die Kino kam und dort von 350 000 Zuschauern gesehen wurde. Das ZDF hatte sich damals an der Finanzierung von Martin Walsers Midlife-Crisis-Novelle beteiligt und zeigt den Film jetzt erstmals im Fernsehen.

"Ein fliehendes Pferd" ist eine leichte Sommerkomödie, die sich zu einer spannenden Analyse langjähriger Beziehungen wandelt. Ausgangspunkt ist das zufällige Treffen von zwei alten Studienfreunden und ihren Frauen im Urlaub am Bodensee. Was als harmloses Wiedersehen beginnt, entwickelt sich zu einer dramatischen, hochemotionalen Begegnung, bei der tief verborgene Ängste, Sehnsüchte und Verletzungen zutage treten. Gedreht wurde in Überlingen und Umgebung sowie auf dem Bodensee. Nur für einen heftigen Sturm, bei dem der Wind die Wogen gefährlich hoch aufpeitscht, wich das Team auf einen riesigen Wasserpool auf der Mittelmeer-Insel Malta aus.

Kaufmann und die Drehbuchautoren Ralf Hertwig und Kathrin Richter übertrugen die 1978 erschienene Novelle in die heutige Zeit. Im Mittelpunkt stehen Helmut (Ulrich Noethen) und Sabine (Katja Riemann), die seit Jahren ihre Ferien am Bodensee verbringen. Sie haben sich in ihrem Alltag gut eingerichtet. Der ist zwar nicht mehr spannend, dafür aber sehr bequem. Doch dann taucht Klaus auf - von Ulrich Tukur als aufdringlicher Lebemann gespielt, der mit der jungen, hübschen Helene (Petra Schmidt-Schaller) eine spannungsvolle Beziehung unterhält.

"Es war herrlich für mich, mal so eine richtige Nervensäge zu spielen", bekannte Tukur. So bringt er das biedere Eheleben von Helmut und Sabine gewaltig durcheinander: Helmut träumt von Helene und von aufregendem Sex, der in seiner Ehe zur reinen Pflichterfüllung verkommen ist. Sabine dagegen entdeckt ihre Gefühle für Klaus, der sich forsch und nervig in ihr Leben drängt. "Wir werden von den beiden verführt", warnt sie ihren Gatten. Bei einem Segeltörn auf dem Bodensee kommt es schließlich zu einer dramatischen Wende.

Walsers Geschichte spiele in einer Zeit, in der die sexuelle Revolution gerade Fuß gefasst habe, erklärt Kaufmann. "In die heutige Zeit hätte das so nicht übertragen werden können." Im Film gehe es mehr um Helmut und Sabine und um die Tragfähigkeit einer so langen Beziehung. Während das Drehbuch geschrieben wurde, hielt sich Walser zurück. Erst ein halbes Jahr vor Beginn der Dreharbeiten kam er dazu. Bei den Dialogen habe er "dann und wann ein wenig eingegriffen", sagte Walser. Das Gesamtergebnis hat ihn auf jeden Fall überzeugt. "Es ist ein Glücksfall für einen Autor, dass ein Film selbstständig wird, nicht sklavisch am Buch entlang filmt und ein eigenständiges Kunstwerk wird."

Übrigens ist auch "John Rabe", mit vier Auszeichnungen der große Gewinner des Deutschen Filmpreises 2009, eine ZDF-Koproduktion. Wieder mit Ulrich Tukur, der den Helden in diesem Kriegsdrama spielt und für seine schauspielerische Leistung am Freitag die Goldene Lola in Armen hielt. Im Kino haben den Film bisher nur 100 000 Zuschauer in drei Wochen gesehen. (kaf/dpa)