Stockholm.

Millionen Menschen auf der ganzen Welt haben William C. Campbell, Satoshi Omura und Tu Youyou ihr Leben zu verdanken. Dafür wurden die drei Forscher am Montag in Stockholm mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Der gebürtige Ire Campbell und sein japanischer Kollege Omura erhielten die mit insgesamt acht Millionen schwedischen Kronen oder 850.000 Euro dotierte höchste wissenschaftliche Auszeichnung für ihre Entwicklung einer neuen Therapie gegen parasitäre Fadenwürmer. Die zweite Hälfte des Preises erhält die Chinesin Tu Youyou für die Entdeckung einer bahnbrechenden Behandlung von Malaria.

Sterberate konnte bei parasitärenKrankheiten halbiert werden

„Nach Jahrzehnten begrenzten Fortschritts bei der Entwicklung haltbarer Therapien für Parasiten-Krankheiten haben die Entdeckungen der diesjährigen Preisträger die Situation radikal verändert“, lobte das Nobelkomitee. Durch beide Medikamente aller drei Preisträger konnte die Sterberate bei parasitären Erkrankungen weltweit halbiert werden, schätzt die Nobeljury. Insgesamt seien circa 3,4 Milliarden Menschen in 100 Ländern infektionsgefährdet. „Der Nutzen ihrer Entdeckungen für die Menschheit ist gigantisch“, so die Jury.

Fadenwürmer wie auch Malaria-Parasiten werden etwa durch Insektenstiche übertragen, hauptsächlich durch Mücken. Campbell von der Drew University im amerikanischen Madison und Omura von der Kitasato-Universität in Tokio entdeckten einen neuen Wirkstoff, der als Fadenwürmer bezeichnete Tropenparasiten erfolgreich im menschlichen Körper abtötet. Ein Meilenstein für die Betroffenen, denn die Folgen einer Infektion mit den Parasiten können verheerend sein.

Der Fadenwurm Onchocerca volvulus etwa kann die in den tropischen Gebieten Afrikas und Amerikas vorkommende Flussblindheit auslösen, eine chronische Entzündung der Hornhaut, die zur Erblindung führt. Auch die sogenannte Elephantiasis wird von bestimmten Fadenwürmern verursacht. Sie besiedeln das Lymphsystem und führen zum Lymphstau in einzelnen Körperteilen, die sich in der Folge extrem vergrößern können. Betroffen sind vor allem Menschen in Entwicklungsländern.

Der Mikrobiologe Satoshi Omura hatte aus dem natürlich in der Erde vorkommenden Bakterium Streptomyces in langer Kleinarbeit Tausende von Bakterienstämmen im Labor gezüchtet. Davon wählte er 50 aus, die einen Wirkstoff enthielten, der die Fadenwürmer angreifen kann. Campbell hat Tierversuche mit diesen 50 Proben unternommen und den Wirkstoff gebildet, den sie Avermectin tauften. Er wurde erfolgreich an Menschen getestet und weltweit auch gegen andere parasitäre Erkrankungen eingesetzt. „Die Behandlung ist so erfolgreich, dass diese Krankheiten am Rand der Ausmerzung stehen. Was eine große Meisterleistung in der Medizingeschichte der Menschheit wäre“, hieß es vom Nobelkomitee.

Die an der Akademie für traditionelle chinesische Medizin in Peking arbeitende Tu Youyou erhält die Auszeichnung für ihren wesentlichen Beitrag bei der Entwicklung der Malaria-Arznei Artemisinin. Dieses Medikament basiert auf der von der 84-Jährigen wiederentdeckten uralten chinesischen Heilpflanze Einjähriger Beifuß (Artemisia annua). Tu Youyou konnte zeigen, dass ein Wirkstoff dieser Pflanze gegen den Malaria-Parasiten wirkt.

Während früher mit begrenzter Wirkung Gifte wie Chinin mit oft verheerenden Nebenwirkungen benutzt wurden, tötet das aus der Pflanze abgeleitete Arzneimittel die Malaria-Parasiten bereits in einem frühzeitigen Stadium ihres Lebenszyklus im Körper ab. Die Bedeutung des Medikamentes ist angesichts von rund 200 Millionen jährlichen Malaria-Erkrankungen bei Menschen enorm. „Artemisinin ist das am häufigsten genutzte Medikament gegen Malaria“, sagte Elena Levashina vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin. Es habe das Leben von Millionen Menschen verändert und sei ein Durchbruch bei der Bekämpfung von Malaria gewesen.

Die Krankheiten treffen vor allem Menschen in den ärmsten Regionen

Die Entdeckung von Artemisinin und Avermectin habe der Menschheit kraftvolle Mittel geliefert, verheerende Krankheiten zu bekämpfen, die Hunderte Millionen Menschen jährlich beträfen, sagte das Nobelkomitee. „Die Wirkung in Form einer verbesserten menschlichen Gesundheit und verminderten Leidens ist unermesslich.“ Von Parasiten verursachte Krankheiten träfen vor allem die ärmsten Menschen der Welt, hieß es in der Mitteilung weiter.

Beide Medikamente sind nicht patentrechtlich geschützt. Die Jury lobte, dass in diesem seltenen Fall große Pharmakonzerne die Produktion nahezu kostenlos übernommen hätten, damit gerade in armen Ländern eine hohe Verfügbarkeit besteht.