München/Barcelona/Hamburg. Der FC Bayern München trifft auf den FC Barcelona. Der große Ausblick auf das Halbfinale in der Champions League.
Der FC Bayern München steht am Mittwoch vor dem ersten Teile einer besonderen und schweren Aufgabe in der Champions League. Der aktuelle deutsche Meister muss im Hinspiel des Halbfinales zum FC Barcelona. Während Bayern München in der Liga gegen Leverkusen verlor und um Stürmer Robert Lewandowski bangt, marschieren die Katalanen ungehindert weiter zur Meisterschaft.
Ob Robert Lewandowski nach seiner Verletzung im DFB-Pokal gegen Dortmund am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) spielen wird, ist noch offen. Der polnische Torjäger macht den Münchenern aber große Hoffnungen und veröffentliche über die sozialen Netzwerke selbst ein Bild von sich mit einer schwarzen Spezialmaske. „Bereit für die nächste Herausforderung!“, ließ er relativ optimistisch verlauten und streckte dabei beide Daumen als Zeichen der Zuversicht in Höhe.
Am Montagmittag dann ein leichtes Aufatmen an der Säbener Straße. Lewandowski trainierte mit einer schwarzen Maske. Ein Einsatz wird somit wahrscheinlicher.
"Robert hat einen sehr guten Eindruck gemacht. Ich denke, dass er fit und motiviert ist", sagte Weltmeister Jerome Boateng nach der Einheit und fügte an: "Robert hat da keine Angst, er ist sehr mutig. An die Maske wird er sich gewöhnen, das wird kein so großes Probleme sein."
Ribery weit weg von einem Einsatz
Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer hatte am Wochenende aber betont, dass noch ein großes Fragezeichen hinter dem Einsatz von Lewandowski in Camp Nou stehe. „Das entscheiden die Ärzte, der Spieler selbst und auch die Maske. Eines ist aber klar. Kein Spieler der Welt kann so wichtig sein, dass man dafür dessen Gesundheit aufs Spiel setzt“, sagte Sammer.
Wenig Hoffnung besteht wohl bei Frank Ribéry. „Ribéry ist eher weit weg von einem Einsatz“, sagte Sammer im ZDF. Der 32-Jährige sei noch nicht einmal im Lauftraining: „Wie soll das gehen?“
Ribéry hatte sich am 11. März am Sprunggelenk verletzt. Lewandowski erlitt beim Pokal-K.o. der Bayern gegen Borussia Dortmund am vergangenen Dienstag bei einem Zweikampf mit BVB-Keeper Mitch Langerak einen Bruch des Oberkiefers und Nasenbeins sowie eine Gehirnerschütterung.
Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hatte anschließend prognostiziert, dass Lewandowski mit ziemlicher Sicherheit am Mittwoch mit einer Spezialmaske spielen werde. Und auch bei Ribéry hatte sich Rummenigge zuversichtlich gezeigt.
Lewandowskis Berater Cezary Kucharski ist sich bei seinem Klienten jedoch nicht so sicher. „Ich werde Lewandowski von einem Einsatz gegen Barcelona abraten, wenn ein Risiko besteht“, sagte Kucharski im Gespräch mit Eurosport. Selbst wenn die Ärzte Grünes Licht geben sollten, sei ja nicht gewährleistet, dass Lewandowski mit der Maske klarkomme, meinte Sammer. Über einen Einsatz müsse dann der 26-Jährige alleine entscheiden.
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Barcelona in Torlaune
Vier Tage vor dem Spiel gegen Bayern München haben sich Lionel Messi & Co. mit einem 8:0-Kantersieg beim FC Córdoba für das Halbfinale der Champions League warm geschossen. „Wie das Barça mit Trainer Pep Guardiola“, titelte das Sportblatt „Marca“ am Sonntag.
Die Hoffnung der Katalanen auf eine Vorentscheidung im Kampf um die spanische Fußballmeisterschaft ging allerdings nicht in Erfüllung. Real Madrid errang dank eines Dreierpacks von Cristiano Ronaldo am Samstagabend einen 3:2-Erfolg beim FC Sevilla, der bis dahin daheim seit fast 15 Monaten ungeschlagen gewesen war. Der Champions-League-Sieger bleibt dem Tabellenführer Barça drei Spieltage vor Saisonschluss mit zwei Punkten Rückstand dicht auf den Fersen.
„Guardiola ist einer von uns“
„Das stärkt uns für das Spiel gegen den FC Bayern den Rücken“, sagte Barça-Trainer Luis Enrique nach dem Torfestival in Córdoba, das für den Aufsteiger die Rückkehr in die 2. Liga besiegelte. „Nun müssen wir unsere gute Form im Halbfinale der Champions League bestätigen.“ Einen 8:0-Sieg hatten die Katalanen zuletzt vor gut vier Jahren bei UD Almería gefeiert.
„Das Ergebnis ist keine Warnung für andere Teams“, hatte der damalige Barça-Trainer Guardiola erklärt, der heute beim FC Bayern unter Vertrag steht. Eine Woche später fertigten die Blau-Roten das Real Madrid von Coach José Mourinho mit 5:0 ab.
Die anstehende Rückkehr des einstigen Erfolgstrainers an diesem Mittwoch ins Camp-Nou-Stadion bringt die Katalanen in einen Zwiespalt der Gefühle. „Guardiola ist einer von uns, er hat dem FC Barcelona viel gegeben“, betonte Barça-Vizepräsident Jordi Mestre. „Aber jetzt ist er der Trainer unseres Rivalen (FC Bayern), und wir müssen ihn aus dem Wettbewerb werfen.“
Auch ein Duell der Torhüter
Auf diese Plattform hat Marc-André ter Stegen lange warten müssen. Im direkten Champions-League-Duell mit Weltmeister Manuel Neuer kann sich der 23 Jahre alte Torwart des FC Barcelona endlich auch in Deutschland richtig ins Fußball-Schaufenster stellen. Denn in den Halbfinalpartien gegen den FC Bayern geht es für den viermaligen Nationaltorhüter ter Stegen nicht nur um die Gegenwart, sprich den Einzug ins Königsklassen-Finale am 6. Juni in Berlin.
Die zwei Partien, die auch in Deutschland ein Millionen-Publikum haben werden, sind zugleich Zukunftsspiele für den ehrgeizigen Schlussmann, der vor einem Jahr von Borussia Mönchengladbach zu Barça wechselte, wo er mit Weltstars wie Lionel Messi, Neymar oder Andrés Iniesta zusammenspielen kann. Es gilt für Marc-André ter Stegen, auch bei Bundestrainer Joachim Löw und U21-Coach Horst Hrubesch entscheidend zu punkten.
Ein „großartiges Duell“ nannte der Neuer-Herausforderer die Kraftprobe mit den Bayern. Mit Kampfansagen hielt sich ter Stegen vor dem Hinspiel im heimischen Camp Nou bewusst zurück. Alle Interviewanfragen blockte er ab. „Bayern gegen Barcelona, dazu im Champions-League-Halbfinale, das sind große Spiele. Die machen Spaß. Das werden auch für Marc Highlights sein“, sagte dafür Horst Hrubesch der Deutschen Presse-Agentur.
Er wird sehr genau hinsehen. Schließlich ist ter Stegen neben dem Leverkusener Bernd Leno der heißeste Anwärter auf die Nummer 1 bei der U21-EM (17. bis 30. Juni). Und beim Turnier in Tschechien geht es auch um höhere Aufgaben. Löw wird in der kommenden Saison die Hierarchie im A-Team hinter Neuer, der unantastbaren Nummer 1, im Hinblick auf die EM 2016 in Frankreich neu sortieren.
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Löw schätzt ter Stegen
Als Champions-League-Sieger und U 21-Europameister würde ter Stegen seine Position enorm verbessern. Zumal Löw ihn schätzt, auch wenn ter Stegens bisherige Länderspiele meist unglücklich verliefen. Als aber Neuer vor der WM in Brasilien ernsthaft verletzt war, setzte der Bundestrainer ter Stegen und nicht etwa Konkurrent Leno als Ersatzmann in Alarmbereitschaft. „Marc ist ein offensiver, mitspielender Torwart“, sagte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke der „Süddeutschen Zeitung“ und betonte: „Von all unseren tollen Torhütern ist er derjenige, der unserer Philosophie am nächsten kommt.“
Wie Welttorhüter Neuer zeichnet ter Stegen die Fähigkeit aus, auch mit beiden Füßen gut am Ball zu sein. Das ist auch beim FC Barcelona sehr wichtig, weil der Torwart dort fast als elfter Feldspieler agiert. „Marc ist jung, aber schon so komplett. Der perfekte Torwart für die Spielweise, die Barcelona hat“, lobte Trainer Luis Enrique.
Die spanische Presse pries ter Stegen schon als „Libero“, analog zu Neuer, das weltweite Vorbild für offensives Torwartspiel. „Marc ist ein kompletter Torhüter. Fußballerisch sehr gut, im Strafraumspiel dominant, auf der Linie stark. Er ist noch jung, und je mehr Spiele er bekommt, desto erfahrener und abgeklärter wird er werden“, urteilte Hrubesch. Er wurde 2009 schon einmal Europameister mit den deutschen U21-Junioren, im Tor stand damals Manuel Neuer.
Das Handicap als Hauptgewinn?
Ter Stegen könnte sogar in Barcelona aus einem Handicap einen Hauptgewinn machen. Er kommt nur in der Champions League und im spanischen Pokal zum Einsatz, in beiden Wettbewerben ist der Titel drin. In der Liga spielt Claudio Bravo. Den 32-jährigen Chilenen holte Trainer Enrique zusätzlich im vergangenen Sommer. Ter Stegen und Bravo haben im Jahr eins nach Victor Valdés bewiesen, dass sie beide dessen Erbe antreten können. „Vier Hände halten das Barça-Tor sauber“, schrieb die Zeitung „El Periódico de Catalunya“.
Einfach sei die Situation nicht für ihn, gestand Ter Stegen. Aber er hat sie angenommen. In zehn Champions-League-Partien hat er nur sieben Tore zugelassen, fünfmal spielte er zu Null. Bayern-Keeper Neuer wurde achtmal bezwungen, hielt sein Tor sechsmal sauber. 21 Paraden wurden bislang für ter Stegen gezählt, 18 für Neuer.
„Ich bin mit Marcs Entwicklung in Barcelona zufrieden“, erklärte Hrubesch: „So junge Torhüter brauchen im Ausland oft eine Anlaufzeit, bei ihm aber scheint das nicht der Fall zu sein.“ Und wie er ter Stegen kenne, „wird er alles daran setzen, um in Zukunft auch in der Liga im Tor zu stehen“. Ein Sieg gegen Neuer könnte hilfreich sein.
Für Guardiola geht es nach „Hause“
„Natürlich ist es etwas Besonderes. Es ist Barcelona, es ist mein Zuhause“, sagte Guardiola unmittelbar nach der Auslosung mit strahlenden Augen. Er sei einer von Barça, „und werde es immer bleiben“, hatte er zuvor schon betont.
Der Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters kehrt an jenen Ort zurück, wo er als Balljunge angefangen und als Jugendspieler eine großartige Karriere gestartet hat. 22 Jahre wirkte er bei Barça, war dort Kapitän und mit 14 Titeln der erfolgreichste Trainer der Vereinshistorie. Noch heute ist er Volksheld. Als er im März bei einem Ligaspiel im Stadion saß, erhoben sich die Leute ehrfürchtig zu Ovationen.
Auch am Mittwoch wird Guardiola im Camp Nou, wo er am 5. Mai 2012 beim 4:0 gegen Espanyol Barcelona frenetisch verabschiedet worden war, freundlicher Applaus der Anhänger gewiss sein. „Wir werden Pep mit allen Ehren empfangen“, sagte Präsident Josep Maria Bartomeu.
Reise zu Oma und Opa
Doch Guardiola will sich von jeglichen Sentimentalitäten frei machen, auch wenn sogar seine zwölfjährige Tochter Maria den besonderen Wert der Reise nach Barcelona hervorgehoben hatte. „Gut. Dann kann ich ja Oma und Opa sehen“, antwortete sie ihrem Papa per SMS, als dieser den Halbfinal-Gegner übermittelt hatte.
Guardiola wird ab Dienstagmittag, wenn die Bayern am Flughafen El Prat landen, im Mittelpunkt stehen. Auf ihn werden sich alle stürzen. Ihm trauen sie in der alten Heimat auch heute noch alles zu. Trotz aller Verletzungssorgen der Bayern sagte Andrés Iniesta im Sport-Bild-Interview mit Hochachtung: „Gegen ein Team mit Guardiola als Trainer gibt es eigentlich kein gutes Ausgangsergebnis. Denn für Guardiola ist alles möglich.“
Der Bayern-Trainer meinte dennoch vor dem Abflug vorsichtig: „Barcelona ist im Moment besser als wir. Auch weil sie seit 15, 20 Jahren den selben Stil pflegen.“ Einen Stil, den er als Coach mit seiner Philosophie vom Ballbesitz-Fußball zwischen 2008 und 2012 perfektioniert hat. Noch immer profitieren Lionel Messi, Iniesta oder jetzt auch Neymar davon.
„Bayern gegen Barça - das ist wichtig“
Auch Thiago war bei Barcelona in den Genuss der Ideen von Guardiola gekommen - und ihm 2013 nach München gefolgt. Guardiolas Spruch „Thiago oder nix“ ist inzwischen legendär. 25 Millionen überwiesen die Bayern schließlich an Barcelona für einen Spieler, den damals keiner so richtig auf der Rechnung hatte. „Man gab mir bei Barça nicht das Gefühl, dass man an mich glaubte. In München habe ich das gefunden, was ich gesucht habe“, sagte der 24-Jährige unlängst El País.
Dennoch sei es für ihn „ein großartiges Gefühl“, in seine Heimat zurückzukehren, zumal er auf seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Rafinha trifft. „Wir haben immer zusammengespielt, jetzt spielen wir gegeneinander. Aber am Ende ist das nicht wichtig“, sagte er dazu, „ich muss mich gut vorbereiten, denn es spielt Bayern gegen Barça - das ist wichtig.“ Der Satz hätte auch von Guardiola sein können.
(sid/dpa)