In der Zeit um Ostern schreibt Hellmuth Karasek über ein gar nicht so friedliches Thema: die Kriegszeit und Gewehre.

Wer sich noch an die alte Bundes­republik, an das geteilte Deutschland erinnert, wird wissen, dass die Zeit vor Ostern, um Ostern und zu Ostern die Zeit der gewaltigen Friedensmärsche und Anti-Remilitarisierungs- und Wiederbewaffnungsdemonstrationen war. Anfangs hat selbst ein späterer Verteidigungsminister, es war der Wiederbewaffner FJS, nämlich Franz Josef Strauß, davon gesprochen, dass ihm lieber die Hand verdorren solle, als dass er als Deutscher ein Gewehr in die Hand nähme.

Tempi passati. Lang ist’s her. Und deshalb will ich hier, gerade vor Ostern, von Gewehren sprechen. Von Kriegs- und Friedensgewehren. Ich bin als Kind in den schrecklichsten aller europäischen Kriege, den Zweiten Weltkrieg, hineingewachsen und habe als Fünfjähriger 1939 das Lied gesungen: Wer will unter die Soldaten? / Der muss haben ein Gewehr! / Das muss er mit Pulver laden / Und mit einer Kugel schwer. / Büblein, wirst du ein Rekrut, / Merk dir dieses Liedchen gut: / Das muss er mit Pulver laden / Und mit einer Kugel schwer.

Gewehre, wir wissen es, die gut geladen waren und gut schießen konnten, haben Kriege entschieden. Wir feiern jetzt den 200. Geburtstag des Reichsgründers Bismarck, des Eisernen Kanzlers, wie er genannt wurde. Und wir erinnern uns, dass er die Reichsgründung in drei Kriegen herbeigeführt hat: gegen die Dänen, gegen die Österreicher und gegen die Franzosen. Bei Königgrätz hat er die entscheidende Schlacht geführt, 1866 gegen Österreicher und Sachsen. Und er hat sie besiegt, weil er das bessere Gewehr hatte, das Zündnadelgewehr. Damit siegten die Preußen. Es folgten der Sieg über Frankreich und die Reichsgründung in Versailles 1871 durch Bismarck – und aus der daraus erwachsenen Demütigung für Frankreich der Versailler Vertrag 1918. Und daraus wiederum der Zweite Weltkrieg. Alles erwuchs als Konsequenz aus dem besseren Gewehr. Dem Zündnadelgewehr.

Nun las ich, dass das Standardgewehr der Bundeswehr, das millionenfach verbreitete G36, ein lausiges Gewehr sei. Es trifft nicht und schießt vor allem in heißen Regionen, wie z. B. in Afghanistan und Afrika, daneben. Es ist sozusagen ein friedliches Gewehr, in dessen Lauf man bei Friedensmärschen durchaus Gänseblümchen stecken könnte. Als Frühlings-, Oster- und Friedenszeichen. Ich finde das, angesichts des Zündnadelgewehrs, eine geradezu pazifistisch erfreuliche Nachricht. Wir Deutschen sind unkriegerisch geworden. Wie heißt das doch bei Lottoquoten so treffend und hier mal orthografisch unkorrekt: Diese Angabe ist wie immer ohne Gewehr.