Hamburger Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie muss dramatisch sparen. Es fehlt sogar Geld für Sprit. Ein Kapitän soll sich geweigert haben auszulaufen.

Hamburg. Die Sparmaßnahmen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben zu dramatischen Auswüchsen beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg geführt. Die Bundesbehörde, die unter anderem für die Sicherheit auf See, das Genehmigen von Windkraftanlagen und Vermessungen zuständig ist, ist in Teilen lahmgelegt.

Ein Kapitän weigerte sich nach Abendblatt-Informationen intern, mit seinem Schiff auszulaufen, weil nicht genügend Kraftstoff vorhanden gewesen sein soll und weil für mögliche Notfalleinsätze auf See nicht ausreichend Rettungsinseln bereitgelegen hätten.

Die BSH-Schiffe gehören zum Havarie-Kommando für Unglücke auf Nord- und Ostsee. Gleichzeitig tragen sie auf ihren Fahrten die zum Teil wechselnden Standorte von Wracks in Karten ein, um die Kapitäne von großen wie kleinen Schiffen vor Kollisionen zu warnen.

In einem unmissverständlichen Papier für die rund 750 BSH-Mitarbeiter in Hamburg und Rostock schreibt die Behörden-Präsidentin Monika Breuch-Moritz, dass fortan massiv gespart werden müsse. Dienstreisen und Fortbildungen würden nicht mehr genehmigt, Computer und Geräte dürften nicht mehr gekauft werden. Autos und Schiffe würden nur noch repariert, wenn durch Wartungsverträge keine Kosten entstehen. „Ansonsten müssen Geräte oder Fahrzeuge/Schiffe ggf. zeitweise stillgelegt werden“, heißt es in dem internen Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt.

Ausnahmen solle es nur bei „Gefahr für Leib und Leben von Personen“ geben oder wenn „massive Auswirkungen auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs“ zu erwarten seien. Heißt: Dass die Sicherheit beeinträchtigt ist, wird hingenommen. Nur allzu „massiv“ dürfe es nicht werden.

Ausnahmen von diesen Regeln müssten die Abteilungsleiter genehmigen – und zwar so, dass es „revisionssicher“ dokumentiert sei. Das bedeutet, dass diese Abweichung vom rigiden Sparkurs zur Not bei jeder Prüfung des Bundesverkehrsministeriums oder des Rechnungshofes gerechtfertigt werden kann. Und: „Der Beauftragte für den Haushalt ist zu beteiligen, bei Maßnahmen von mehr als 50.000 Euro zusätzlich auch die Präsidentin.“

Präsidentin Breuch-Moritz muss Ausgaben abzeichnen

Mit 50.000 Euro kann man eines der Schiffe wie die in Hamburg beheimatete „Wega“ gerade einmal für einen mehrtägigen Einsatz mit Brennstoff versorgen.

Der Hintergrund all dieser Maßnahmen ist das Haushaltsgesetz 2014, das der Bundestag bereits beschlossen hat. Dadurch werden die Behördenausgaben der Bundesämter (ohne Personal) um fünf Prozent gekürzt. Schlimmer jedoch für das BSH: Das Geld, das im vergangenen Jahr nicht ausgegeben (und gespart) wurde, kassiert Schäuble neuerdings ein. Das macht für die Hamburger Behörde sechs Millionen Euro von insgesamt knapp 19 Millionen Euro im Haushalt.

Behörde beschwichtigt: Kein Schiff wird stillgelegt

Man habe die Bitte um mehr Geld bereits an das Verkehrsministerium weitergegeben, das für das BSH zuständig ist, heißt es im BSH. Dort werde der Fall „auf eine höhere Ebene eskaliert“. Doch ob sich Maut-Minister Alexander Dobrindt (CSU) und sein Kabinettskollege Schäuble darauf einigen können, dass der Sparminister für die Hamburger Behörde eine Ausnahme macht, ist fraglich.

In einer offiziellen Stellungnahme schrieb Behördensprecher Niels Peters dem Abendblatt: „Mit der Verabschiedung des Haushaltes 2014 durch den Deutschen Bundestag und seiner Verkündung am 18.07.2014 sind Einschränkungen bei der Verwendung von Haushaltsmitteln in Kraft getreten.“ Gleichzeitig sagte er, die Lage habe sich inzwischen entspannt. Derzeit werde nicht davon ausgegangen, dass es „im Jahr 2014 zu einer Einstellung von Dienstleistungen/Fachaufgaben oder Stilllegung einzelner BSH-Schiffe kommen wird.“

Dienstreisen werden zu „Sammeltransporten“

Im BSH werden auch Genehmigungen für Windkraftanlagen erteilt. Die Energiewende in Deutschland hängt in hohem Maße vom Ausbau der Windparks auf See ab. Hakt es beim Hamburger Bundesamt, hakt auch das größte politische und wirtschaftliche Projekt Deutschlands der vergangenen Jahre.

Die Mitarbeiter des BSH müssen in diesen Tagen etwas kleinkarierter denken. Selbst die Dienstreisen zwischen den Standorten Hamburg und Rostock wurden neu geregelt. Grundsätzlich soll gemailt oder telefoniert werden, im Zweifel kann es Videokonferenzen geben. Denn Sprit für die BSH-Fahrzeuge sei teuer, heißt es in einer internen Anweisung.

Termine müssen so gelegt werden, dass die Mitarbeiter mit „Sammeltransporten“ von der Elbe an die Ostsee kommen. „Die Dienst-Kfz bzw. der Dienst-LKW dürfen für die in diesem Zusammenhang stehenden Fahrten betankt werden.“ Dass es ohne Sprit nicht geht, scheint auch den Sparkommissaren einzuleuchten.