Schmal und marode. Radler und Autofahrer müssen sich öfter die Straße teilen

Radfahrer auf der Fahrbahn – für manche Autofahrer ein ärgerliches Hindernis. Sie werden sich allerdings daran gewöhnen müssen, dass das in Hamburg mehr und mehr Teil des normalen Straßenverkehrs wird. Denn viele Abschnitte des 1500 Kilometer langen Radwegenetzes entsprechen nicht mehr den Vorschriften. Sie sind marode, zu eng, zu dicht an den Gehwegen, wie die Behörden einräumen. In der Folge wird den Radlern das Fahren auf den Straßen erlaubt.

Im Oktober startet die Verkehrsbehörde deshalb einen großen Radwege-Check. Das gesamte Netz steht dann auf dem Prüfstand. Die Leitung soll ein auf Radverkehr spezialisierter Verkehrsplaner aus Frankfurt übernehmen, den die Stadt dafür eingestellt hat. „Grob geschätzt kann wohl ein Drittel der Radwege weg“, sagt Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD). Als Ersatz sollen Radfahrstreifen auf der Straße, Fahrradstraßen oder auch neue, breite und klar geführte Radwege angelegt werden.

Der Radwege-Check ist das Ergebnis der zweiten großen Fahrradwerkstatt, zu der jetzt führende Behördenmitarbeiter, Staatsräte, Bezirksamtsleiter und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zusammengekommen waren. Ziel ist ein deutlicher Ausbau des Radverkehrs in Hamburg. „In der Diskussion um die Förderung des Radverkehrs gibt es einen Stimmungswandel“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz dem Abendblatt. Der Senat wolle den Fahrradverkehr ausbauen – das funktioniere aber in einer gebauten Stadt nur mit Kompromissen: „Jeder soll mit dem Verkehrsmittel seiner Wahl ans Ziel kommen. Wir setzen dabei auf gute Angebote, die überzeugen – nicht auf Zwang und Verbote.“

Doch das marode Radwegenetz zwingt schon jetzt oft zu radikalen Maßnahmen: Immer wieder müssen die Behörden die blauen Benutzungspflichtschilder für Radler abschrauben und das Radeln auf der Fahrbahn erlauben. Tatsächlich aber ist das Radeln auf der Fahrbahn bereits seit 1997 in der Straßenverkehrsordnung vorgesehen. Nur wo das blau-weiße Radwegschild aufgestellt ist, müssen Radfahrer den Radweg benutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Radweg mindestens 1,50 Meter breit ist.