Kleine Fluchten Die Pension Havelfloß erhielt mit dem Konzept „Quartier am und auf dem Fluss“ einen Tourismuspreis

Sie heißen „Theodor“ und „Friedrich“, „Hermann“ und „Alexander“, „Gerhard“ und „Karl-Heinz“ nach berühmten Männern aus Brandenburg. Sie sind rustikal und gemütlich – nach Art schwedischer Holzhäuschen. Sie liegen im Zentrum von Brandenburg an der Havel vor Anker, häufig aber schippern sie gemächlich über die Gewässer, mit denen die Gegend überreich gesegnet ist. Denn „Theodor“ und seine Brüder sind Flöße, mit denen man ohne jede Vorkenntnisse und Papiere nach Herzenslust in See stechen kann, so lange man will. Einzige Ausnahme: „Eberhard“, das große Sauna-Floß mit zwei Motoren, bedarf spezifischer Navigations- und Manövrierkünste, wofür erstens eine intensive Einweisung und zweitens ein Binnenführerschein unumgänglich sind.

Die ochsenblutroten Ferienhäuschen sind auf Katamaran-Unterbauten mit Kunststoff-Schwimmkörpern montiert und werden von einem Fünf-PS-Motor angetrieben. In den isolierten, wind- und wasserdichten Hütten können 1,90-Meter-Riesen kerzengerade stehen und maximal fünf Erwachsene schlafen. Gekocht wird mit Gas, und auch die Toilette fehlt an Bord selbstverständlich nicht. Alles da also für die Abenteuertour à la Huckleberry Finn, was Familien mit Kindern besonders begeistert.

Aber egal ob Angler, Naturburschen, Romantiker oder Liebespaare, die sich unterm Tonnendach oder auf der Plattform den Rotwein bei Kerzenschein schmecken lassen – mit maximal sieben Kilometern pro Stunde gleitet jedermann in sein ganz persönliches Himmelreich. Auf jeden Fall mal einen ganzen Tag lang – das ist die Mindestmietdauer in der Hauptsaison.

Ebenso originell wie die in kurzer Zeit zu Kultobjekten avancierten Havelflöße ist aber auch die gleichnamige Pension an der Brandenburger Jahrtausendbrücke, die manches Hotel in puncto Charme, Design und Frühstück uralt aussehen lässt. Chefin Christiane Dierich und ihr Mann Ingo, der die Havel-Flöße erdacht, am Computer designt, in der eigenen Möbeltischlerei gebaut und in diversen Testfahrten optimiert hat, folgten auch hier weitestgehend eigenen Ideen, als sie das alte Eisenlager einer Bootswerft entkernten und neun Apartments einbauten.

Zwei davon liegen zu ebener Erde und sind weitgehend barrierefrei eingerichtet. Die sieben anderen im Obergeschoss punkten mit separater Schlafgalerie sowie einem wirklich genialen Knüller: Über ein drei Meter langes Rohr kann der Flachbildschirm hoch- und runtergezogen werden – je nachdem, ob man unten vom Sofa oder oben vom Bett aus fernsehen will. Von allen Zimmern hat man stets die Havel und ihren regen Schiffsverkehr vor der Nase und im Auge.

Die Kombination aus Pension und Floßfahrtabenteuer im Stadtzentrum ist nicht nur etwas für Besucher, die das eine oder das andere oder sogar beides zusammen nutzen wollen; auch sonst war das Konzept ein Volltreffer: Die Dierichs schafften es damit ins Finale des Deutschen Tourismuspreises – und im Brandenburger Pendant sogar aufs Siegertreppchen.