Jan Bosse inszeniert „Hedda Gabler“ mit Patrycia Ziolkowska im Thalia Theater

Denkt man an „Hedda Gabler“, diese in sich so widersprüchliche Frauenfigur Henrik Ibsens, so fällt einem eigentlich gleich Patrycia Ziolkowska als Protagonistin ein. Sie bringt die rare Fähigkeit mit, in einer Vielfarbigkeit zu schillern, in die Tiefe, auch das Dunkle einer Figur vorzudringen. Derzeit erarbeitet sie die „Hedda Gabler“ mit Regisseur Jan Bosse für die Premiere am Sonnabend im Thalia Theater.

Nur scheinbar klingt die Geschichte der sich nach Sinnhaftigkeit und Erfüllung sehnenden Frau überholt, die sich selbst in einer Unglücksehe mit einem farblosen Kulturwissenschaftler festgesetzt hat. „Das ist komplexer, als man auf den ersten Blick lesen mag“, sagt Patrycia Ziolkowska. „Viele Gründe spielen da hinein, gesellschaftliche und wirtschaftliche. Auch ihr Empfinden von Leere und Langeweile ist nicht so eindimensional, wie es an der Oberfläche scheint. Es geht um das Spüren der Nichtigkeit seiner eigenen Existenz, die Erkenntnis, ohne Leidenschaften zu sein, substanzlos, einsam.“ Im Text sagt Hedda Gabler: „Ich habe mich müde getanzt. Meine Zeit war um.“

Der Irrsinn der Vernunftehe bricht auf, als der Zufall eine alte, wirkliche Liebe ins bürgerliche Wohnzimmer spült, Eilert Lövborg, einen anziehenden brillanten Geist, der sich mit betäubenden Exzessen beinahe ruiniert hat. Im Gegensatz zu Heddas Gatten Jørgen Tesman hat er ein wirklich gelungenes kulturwissenschaftliches Buch verfasst und wird für Hedda zur Projektionsfläche aller Sehnsüchte von wahrer Schönheit und Leidenschaft mit „Weinlaub im Haar“.

Der Stoff sei sehr konkret, wie eine Partitur, fast filmisch geschrieben und keineswegs nur auf das Fin de Siècle festgelegt, so Ziolkowska. „Das ist von Ibsen sehr klug verflochten in Gegenkonstellationen und Spiegelungen der Figuren.“ Ein Jurist und eine Freundin spielen in die Beziehungsdreiecke mit hinein. Hedda ist besessen von der Idee, einmal in ihrem Leben „Herrschaft über ein Menschenschicksal zu haben“. Die Welt, in der Mittelmaß und Feigheit, Aufstiegsdenken und Abstiegsangst dominieren, wird ihr unerträglich. Aber Können und Wollen fallen auf tragische Weise auseinander. Am Ende kann sie ihr selbst errichtetes Gefängnis nicht sprengen, ohne sich in einem emotionalen Amoklauf selbst zu zerstören. „Die Hedda zu spielen, ist eine tolle Herausforderung, bei der man den Bogen weit spannen kann“, sagt Patrycia Ziolkowska. Regisseur Bosse lässt ihr willkommene Freiräume. Im ersten Durchlauf habe sie sich mit allem hineingeworfen. „Ich habe erahnen können, welchen Atem der Abend hat, wie sich die Schlinge von Akt zu Akt zuzieht“, erzählt sie. Eines steht fest. „Es wird eine Reise in den Abgrund.“

„Hedda Gabler“ Premiere Sa 23.11., 20.00, Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten zu 13,50 b. 66,-: T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de