Im kommenden Jahr beginnt der Bau des Mammutprojekts, der fünf Jahre dauern soll

Noch rollt der Verkehr auf der A7 im Bereich Stellingen leidlich. Wer auf der Brücke Wördemanns Weg steht und auf die sechsspurige Autotrasse hinabblickt, hört wenig später auf zu zählen. Ein nicht abreißender Strom von Fahrzeugen rauscht vorüber. Im Durchschnitt 150.000 Autos und Lkw passieren täglich das Nadelöhr nördlich des Elbtunnels. Damit gehört der Autobahnabschnitt zwischen Bahrenfeld und dem Nordwestkreuz zu den meistbefahrenen Autobahnteilstücken Deutschlands.

Zwischen den Abfahrten Volkspark und Stellingen wird es im kommenden Frühjahr losgehen. Der Start der Arbeiten für den Austausch der Langenfelder Brücke markiert den Beginn eines der größten Straßenbauprojekte in Hamburg seit Jahrzehnten: In den Bereichen Schnelsen und Stellingen – vorausgesetzt es liegt Baurecht vor – werden Deckel über die Autobahn gebaut, Lärmschutzwände montiert und Lärmschutzwälle aufgeschüttet. Fünf Jahre werden diese Arbeiten dauern. Jahre, in denen Anwohner wie Autofahrer Nerven wie Drahtseile benötigen.

Auf der Einwohnerversammlung im Jugendhaus Stellingen ist die Stimmung zunächst etwas angespannt. Vor allem Hausbesitzer, die östlich der Autobahn zwischen dem Wördemanns Weg und der Umgehungsbahn leben, gehören zu den Kritikern des Projekts. Sie werden einen Teil ihrer Gärten hergeben müssen. Zudem wird hier die Betonkonstruktion mehrere Meter über den Erdboden hinausragen.

Wirtschafts- und Baubehörde haben zu der Informationsveranstaltung geladen. Schließlich soll im Stellinger Bereich der Lärmschutztunnel etwa ein Kilometer lang werden. Hinzu kommen auf etwa drei Kilometern Länge Lärmschutzwände und zudem sieben bis acht Meter hohe Lärmschutzwälle. Ferner ist geplant, auf 2,7 Kilometer Länge sogenannten Flüsterasphalt aufzutragen. Er soll die Geräusche, die Räder auf der Straße verursachen, mindern.

Olaf Bielich von der Planungsgesellschaft Deges trägt diese Zahlen mit ruhiger Stimme vor. Gut 300 Bürgerinnen und Bürger hören angespannt zu. Wer Streit oder heftige Proteste erwartet hat, wird rasch eines Besseren belehrt. Klaus Franke, in der Wirtschaftsbehörde zuständig für das Tunnelprojekt in Stellingen, führt geschickt durch den Abend. Der Beamte verspricht, kritische Anregungen der Bürger aufzunehmen. Diese beklagen ein unzureichendes Angebot des ÖPNV. „Schon heute kommt man sich in einem HVV-Bus wie in einer Sardinenbüchse vor“, moniert eine junge Frau. Längere Busse aber könnten in dem dörflich geprägten Stellingen nicht durch die engen Straßen fahren. „Wie soll das werden, wenn erst gebaut wird?“

Ein Mann fragt, warum ausgerechnet im kommenden Jahr in Stellingen mit dem Ausbau der Busspuren begonnen werden soll. „Das wird den Verkehrsfluss zusätzlich hemmen.“

Franke hört den Rednern aufmerksam zu, bevor er antwortet. Der Beamte bezeichnet das Deckelprojekt als eine „Operation am offenen Herzen“ und räumt ein, dass während der Bauzeit mit zusätzlichen Staus auf umliegenden Straßen gerechnet werden müsse. Allerdings hätte man die in die Jahre gekommene Autobahntrasse ohnehin ertüchtigen müssen. Letztlich gehe es um Lärmschutz für die Anwohner. „Mit der Planung der 70er-Jahre könnte man die Autobahn heute so nicht mehr bauen.“

Auch die anderen Experten bemühen sich, ausführlich auf Fragen der Zuhörer zu antworten. Fünf Jahre werde es wohl dauern, die Autobahnabschnitte Stellingen und Schnelsen zu erneuern, sagt Deges-Mann Bielich. Während der Bauzeit werde es durchgängig sechs Spuren geben, die aber etwas schmaler sein würden.

Um ein Ausweichen der Autofahrer auf Schleichwege in den umliegenden Stadtteilen zu vermeiden, wolle man vor allem informieren, sagt Franke. „Die oberste Devise lautet: Die Autos sollen auf der Autobahn bleiben.“ Zudem werde der Durchgangsverkehr großräumig über die A1 umgeleitet. Eine Informationskampagne und kürzere Taktzeiten von Nahverkehrszügen sollen Pendler bewegen, auf den ÖPNV umzusteigen. Mucksmäuschenstill wird es, als Bernd Hoffmann von der Deges einen kleinen Film zu Abriss und Neubau der Langenfelder Brücke zeigt. Die Brücke führt in einer lang gestreckten Kurve über 18 Bahngleise. Der Eisenbahnfernverkehr in den Norden rollt hier entlang und die S-Bahn, die nach Halstenbek und Pinneberg fährt. Die Bahn habe klar gemacht, dass der Bahnverkehr nicht dauerhaft gestört werden dürfe, sagt Hoffmann. Deshalb würden Brückenkonstruktionen sozusagen „an Land“ gezogen und erst dort in ihre Einzelteile zerlegt. Die neue Brücke wird am Rand der Bahngleise vormontiert und anschließend über die Pfeiler gezogen. Zwei Jahre werde das Ganze dauern, sagt Hoffmann.

Landschaftsarchitekt Jürgen Weidinger stellt Ideen für die Gestaltung des Deckeldachs vor. Im nördlichen Teil sollen vor allem Bäume gepflanzt werden. In Richtung Wördemanns Weg werde es einen Rasenpark geben und von da bis zur Kieler Straße sei die Fläche für 43 Kleingärten vorgesehen.

Die Autofahrer sollen auf der Autobahn bleiben, auch wenn es etwas länger dauert.