Ganz besondere Ansichten auf Hamburg kann eine Ballonfahrt erfüllen. Das Abendblatt war dabei

In den Himmel aufsteigen, der Stadt entschweben, die Landschaft mit Flussläufen, Wäldern, Wiesen und Feldern als klitzekleinen Teppich sehen und den Wolken nahe kommen – dieser Traum kann sich im Heißluftballon erfüllen.

18 Uhr: Als Thomas Voss, Inhaber von Ballonteam Hamburg, mit seinem Geländewagen langsam auf dem Abfahrtsort Moorweide einfährt, wird er von allen Seiten umringt. Zwölf Mitfahrer wird er heute haben. Das Wetter ist gut, die Abendsonne scheint warm, am Himmel ist es ein bisschen diesig und fast windstill. Bilderbuchwetter zum Ballonfahren also, oder „Oma-und-Opa-Wetter“ – denn diese sind heute in der Überzahl. „Ich achte sehr darauf, ältere Mitfahrer nur bei schwachwindigem Wetter mitzunehmen, denn Ballonfahren kann auch ganz schön sportlich werden“, sagt Voss, der seit 1998 Ballonfahrten anbietet. Die meisten der Mitfahrer haben diese geschenkt bekommen – so auch die 14-jährige Phelina und ihr 15-jähriger Bruder Bennet, die Jüngsten an Bord. Mit ihrer Mutter Yvonne Schüttke werden sie gleich zum ersten Mal fahren.

Oder doch nicht? Phelina blickt skeptisch auf die riesige Ballonhülle, die gerade auf die Wiese gelegt wird. Um das Ende des Stoffschlauches zu erreichen, erscheint ein 50-Meter-Lauf nötig. Voss verteilt die Aufgaben nach Körpergewicht: Starke Männerhände kippen den geflochtenen Korb mit den vier Kabinen vor die ausgelegte Ballonhülle, einer stellt den großen Ventilator auf, zwei weitere halten die Seile zur Sicherung der Hülle. Bennet bekommt Bauhandschuhe an und darf die Ballonhülle hochhalten, damit die kalte Luft hineingeblasen werden kann. Voss verteilt schon mal die Fahrgäste in die Kabinen.

18.40 Uhr: Die riesige Stoffhülle füllt sich rasch. Bennet muss sich ganz schön anstrengen, um sie halten zu können – schon wölbt sie sich nach oben und sieht von innen aus wie eine große blau-weiß-rote Turnhalle. Erst zum Schluss schaltet Voss den Brenner ein, der die Luft erwärmt. Die Männer kippen den schweren Korb wieder in Standposition, der Ballon liegt nicht mehr, er steht jetzt. Die Luft bekommt durch die Erwärmung eine geringere Dichte als die kalte Luft außerhalb des Ballons und bringt die Hülle dadurch zum Stehen. 32 Meter hoch ragt sie jetzt über uns in den Himmel.

19 Uhr: „Einsteigen!“ Phelina, Bennet und Yvonne Schüttke klettern mit den anderen in den Korb, ein Ruck löst die Sicherheitsleine – schon fährt der Ballon leise und schnell davon.

Der Landungsort ist ungewiss, denn den bestimmt hauptsächlich der Wind. Weil die ersten Ballonfahrer den Himmel mit dem Meer verglichen, übernahmen sie den Begriff „fahren“ für die Ballone. Sie glaubten, ihn wie ein Schiff mit Segel oder Ruder steuern zu können. Thomas Voss und seine zwölf Gäste steigen rasch bis auf 300 Meter Höhe auf. Der Blick über Hamburg im goldenen Abendlicht ist wunderschön. Zum Sonnenaufgang und zwei Stunden vor Sonnenuntergang kann der Pilot am besten aufsteigen, weil dann wegen der geringen Sonneneinstrahlung kaum Thermik herrscht. Yvonne Schüttke und ihre Kinder sind begeistert. Mit 15 bis 20 Kilometern pro Stunde gleiten sie durch die Luft. Da sie dieselbe Geschwindigkeit wie der Wind haben, spüren sie ihn nicht im Gesicht. Auch die Älteren freuen sich über den grandiosen Blick und den Sonnenuntergang.

20.15 Uhr: Thomas Voss lässt den Ballon bis auf eine Höhe von 20 Metern sinken und fährt jetzt auf ein abgeerntetes Feld zu, passiert dabei Häuser, Straßen, Kinder, die ihm hinterherrennen. Auch die „Erdferkel“, das Bodenteam mit dem großen Anhänger wartet bereits hier am Rande des Feldes.

Nach der Landung nahe der Braaker Mühle, zu der Voss die heiße Luft durch eine Klappe oben am Ballon abgelassen hat, helfen alle beim Abbau und Verpacken. Knapp 20 Kilometer lang sind sie heute gefahren!

21 Uhr: Zeit für die „Ballonfahrertaufe“: Haare absengen (zum Dank an das Brennfeuer, das sie hochgebracht hat), Erde drüber (gute Landung), ein Glas Sekt und eine Adelsurkunde. Der Brauch leitet sich von Ludwig XVI. ab, der nur Adeligen die Ballonfahrt gestattete. Fortan wurden die Mitfahrer in den „Ballon-Adelsstand“ erhoben. Phelina darf sich jetzt „Phelina Gräfin zum Horizonte“ nennen, und Bennet wird zu „Bennet Freiherr zum Sturm“.