Am 7. Oktober wird Stephan Randel seinen Familienbetrieb in siebter Generation an der Poppenbüttler Landstraße schließen. 22 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

Um Punkt 12 hält ein Taxi vor dem Randel. Ein älterer Herr steigt aus, er ist bestimmt Mitte 80, schon auf den ersten Blick sehr gut situiert, doch er ist ein wenig klapprig und schafft die Eingangsstufe trotz seines Gehstocks nur mit Mühe. „Herr G. ist einer unserer treuesten Stammgäste“ , sagt Stephan Randel, „er kommt seit vielen Jahren hierher, jede Woche von Dienstag bis Sonntag. Er sitzt an Tisch 102 im Kaminzimmer und bestellt sich seine Seniorenportion. Nur montags isst er woanders zu Mittag, denn da haben wir Ruhetag.“

Herr G. wird seinen Mittagstisch jedoch nur noch bis zum 6. Oktober bekommen. Denn am 7. Oktober wird Stephan Randel seinen Familienbetrieb in siebter Generation an der Poppenbüttler Landstraße schließen. Nach 173 Jahren verschwindet ein Stück Hamburg, eine Institution der Stadt.

Den 22 Mitarbeitern wurde die Kündigung ausgesprochen. Einige Mitarbeiter waren mehr als 40 Jahre im Betrieb. Als Stephan Randel seiner Belegschaft die Betriebsschließung verkündete, seien Tränen geflossen, sagt er. „Die Entscheidung fiel mir sehr schwer.“

Tatsächlich hatte er jedoch nicht vor, sein Restaurant zu schließen, im Gegenteil: Vor fünf Jahren hatte Stephan Randel beschlossen, seinem Restaurant mehr als nur eine Frischzellenkur zu verpassen. „Seitdem arbeite ich gemeinsam mit dem Denkmalschutzamt an einem soliden und nachhaltigen Konzept“, sagt Stephan Randel, „denn mein gastronomisches Konzept steht und fällt mit den Bedürfnissen der Generationen.“ Denn wie eine Patina liegt noch immer der Geist des deutschen Wirtschaftswunders über den 400 Plätzen im Innenbereich des Restaurants. Für seine Einschulungsfeiern, Konfirmationen, Hochzeiten oder runden Geburtstage ist das Randel nach wie vor berühmt, aber die vielen Stammgäste, die in jener Zeit kamen und dann auch blieben, werden nun mal nicht jünger. Das macht das Überleben eines so personalintensiven Betriebes schwierig.

Vor allem auch deswegen, weil das imposante Haupthaus, 1901 wieder aufgebaut, von Grund auf saniert werden muss. An einigen Stellen sei die Bausubstanz marode, sagt Randel, und vom enormen Energieaufwand mag er gar nicht reden: 24.000 Liter fasst zum Beispiel der Heizöltank; im vergangenen Winter musste er fünfmal befüllt werden. Und durch mehrere Gutachten weiß er auch, dass die Instandsetzungs- und Modernisierungskosten bei mindestens zwei Millionen Euro liegen würden, wahrscheinlich noch viel mehr.

Randel: „Diese Investition ist auch für ein solides und gut eingeführtes Haus nicht finanzierbar.“ Das Risiko, mit einem rundum modernisierten Restaurant sofort wieder Fuß in der Gastroszene zu fassen, sei in der heutigen Zeit einfach nicht kalkulierbar. Er hofft, dass die meisten seiner Angestellten im Weihnachtsgeschäft neue Anstellungen finden. „Der Restaurant- und Konditoreibetrieb geht bis zum letzten Tag weiter“, sagt Stephan Randel, aber er sieht in diesem Moment nicht fröhlich aus.