Upsolut will Konzept des Hamburger Radrennens auf Istanbul, Wien oder Ottawa übertragen

Die Vattenfall Cyclassics sind zu einem Volksfest geworden. Auch bei dem jüngsten Radrennen am Ende August fieberten nicht nur Aktive, sondern ebenso Zuschauer dem Ereignis entgegen. Hunderttausende säumten die Straßen, klatschten, jubelten und feuerten an. Ihre Augen waren auf 22.000 Hobbyfahrer und 168 Profis gerichtet, die bei Europas größtem Radrennen in die Pedale traten. Treibende Kraft dahinter ist das Hamburger Unternehmen Upsolut.

„Wir haben in Deutschland die Jedermann-Rennen im Radsport populär gemacht“, sagt Geschäftsführer Frank Bertling. Seine Firma organisiert in Hamburg auch den Marathon (knapp 20.000 Teilnehmer) mit sowie den Triathlon (10.000). Primäre Zielgruppe sind 25 bis 45 Jahre alte Männer. Mittlerweile sind die Ottensener mit der Veranstaltungskombination aus Profi- und Breitensport („Hamburger Modell“) auf drei Kontinenten vertreten und planen neue Austragungsorte. Bertling: „Wir wollen den Sport weiterhin gratis zu den Menschen bringen.“

Bereits 2008 übertrug Upsolut das Konzept der Cyclassics auf Berlin. Unter dem Namen Velothon führen die 60 und 120 Kilometer langen Strecken für inzwischen 13.000 Jedermänner an den Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt vorbei, seit drei Jahren fahren Profis mit. Die Idee soll nun exportiert werden. „Wir sind in Gesprächen mit Istanbul, Wien und Ottawa über die Austragung von Radrennen“, sagt Bertling. Die Initiative geht dabei von Upsolut aus.

Interessant sind Länder mit Breitensport-Tradition, wie Deutschland, die Beneluxstaaten, Schweden und England. Weil die Radrennen in Hamburg und Berlin an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, bieten die ausländischen Märkte für Upsolut interessante Wachstumschancen. „Für jede neue Sportveranstaltung brauchen wir ein bis zwei neue Mitarbeiter“, sagt Bertling, der in der Event GmbH Chef von 25 Beschäftigten ist. In der Saison (April bis Oktober) kommen je fünf freie Mitarbeiter und Praktikanten hinzu, zu den Veranstaltungen mehr als 100 bezahlte Helfer.

International hat sich die Firma als Triathlonveranstalter einen Namen gemacht. In Kooperation mit dem Weltverband ITU wurde 2007 die WM-Serie entwickelt, bei der jedes Jahr der Weltmeister über mehrere Rennen ermittelt wird. Seit 2009 organisiert Upsolut den Dreiklang aus Schwimmen, Radfahren und Laufen auch in London, 2012 kamen Auckland und Stockholm dazu, 2014 folgt Chicago.

Die Wurzeln des 1995 von Christian Toetzke gegründeten Unternehmens liegen im Radsport. „Die Hamburgischen Elektricitätswerke suchten Mitte der 1990er-Jahre ein Konzept, um sich in Hamburg zu positionieren“, erinnert sich Bertling an die Anfänge, aus denen die Cyclassics entstanden. Im Jahr 1996 traten erstmals 2400 Hobbyradler in die Pedale. An Gewinne war noch nicht zu denken. 5000 bis 6000 Teilnehmer seien nötig, um die Kosten zu decken. Im Jahr 2000 wurde erstmals die Gewinnschwelle erreicht. Heute steuern bei den Vattenfall Cyclassics die Jedermänner die Hälfte zu den insgesamt 2,2 Millionen Euro Einnahmen bei. Sie zahlen zwischen 59,50 Euro und 84,50 Euro für ihren Startplatz auf den 55-, 100- oder 155-Kilometer-Distanzen.

Kritikern, die diese Gebühr für zu hoch halten, hält Bertling entgegen: „Im internationalen Vergleich sind wir in Deutschland im Schlaraffenland.“ In den USA seien die Preise doppelt so hoch. 30 Prozent des Budgets fließen über Sponsoren in die Kasse, der Rest durchs Rahmenprogramm, Catering und eine Radsportmesse mit 100 Ausstellern.

Die Dachgesellschaft Upsolut Sports AG, die 2008 von der französischen Unternehmensgruppe Lagardère (früherer Airbus-Gesellschafter) gekauft wurde, macht 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Knapp die Hälfte die FC St. Pauli Merchandising GmbH, die 40 Mitarbeiter beschäftigt. Die Gesellschaft streitet sich allerdings seit sechs Jahren vor Gericht um Merchandisingrechte und Vertragslaufzeiten mit dem Fußballklub. Mehr als zehn Millionen Euro Umsatz erzielt die Upsolut Event GmbH. „Wir sind seit 2001 profitabel“, sagt Bertling, die Umsatzrendite liege stabil bei mehr als zehn Prozent. Für Wachstum könnten Veränderungen sorgen, die zur Zeit diskutiert werden. Das Geschäftsfeld könnte sich auf weitere Sportarten ausdehnen.

Wir wollen den Sport weiter gratis zu den Menschen bringen, und zwar jeweils im Herzen der Stadt.